EU-Vergleich Deutschland schwächelt bei Entwicklung der Reallöhne
Düsseldorf - Düsterer sieht es bei den Reallöhnen in der gesamten Europäischen Union nicht aus: Trotz im EU-Vergleich niedriger Inflationsraten müssen Arbeitnehmer im Deutschland als einzige seit Jahren Verluste beim Salär hinnehmen. Zwischen 2000 und 2008 gingen die Reallöhne um 0,8 Prozent zurück, wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung am Donnerstag mitteilte. In allen anderen europäischen Ländern seien die Löhne seit der Jahrtausendwende hingegen gestiegen.
"Deutschland hat eine hoch problematische lohnpolitische Sonderstellung, die sich zunehmend zugespitzt zeigt", sagte WSI-Forscher Thorsten Schulten. Die Niederlande, Schweden, Finnland, Dänemark, Großbritannien, Irland und Griechenland wiesen mit Werten zwischen 12,4 und 39,6 Prozent den Angaben zufolge die höchsten Reallohnsteigerungen unter den Staaten der alten EU auf.
In mehreren mittel- und osteuropäischen Beitrittsländern legten die realen Bruttolöhne laut Studie zwischen 2000 und 2008 um mehr als hundert Prozent zu. In Frankreich wuchsen die Bruttolöhne seit 2000 um 9,6 Prozent und in Österreich, dem Land mit der zweitniedrigsten Wachstumsrate, noch um 2,9 Prozent.
Ein wichtiger Grund für diese schwache Reallohnentwicklung in Deutschland liegt nach Schultens Analyse in der sogenannten negativen Lohndrift. Während in anderen Ländern die Effektivlöhne häufig deutlich stärker anstiegen als die Tariflöhne, sei es in der Bundesrepublik in den letzten Jahren zumeist umgekehrt gewesen: Die Beschäftigten bekamen den Angaben zufolge im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt niedrigere Lohnerhöhungen, als in den Tarifverträgen vereinbart wurde. Wesentliche Ursachen dafür seien die rückläufige Tarifbindung sowie Möglichkeiten, auf betrieblicher Ebene von tarifvertraglichen Standards nach unten abzuweichen.
ffr/AP/dpa