EU-Vergleich Wenig Geld, miese Jobs, kaum Karriere für deutsche Frauen
Hamburg - Die Studie zeichnet ein erschreckendes Bild: Nur rund 26 Prozent der Führungskräfte sind in Deutschland Frauen - damit liegt die Bundesrepublik im Vergleich aller EU-Staaten abgeschlagen auf Platz 21. Während 80 Prozent der deutschen Frauen ohne Kinder arbeiten, haben nur 60 Prozent der Mütter einen zusätzlichen Job. Nur in Tschechien, Italien, Ungarn und Malta haben Frauen mit Kindern noch seltener Arbeit. Und: 2005 waren immer noch 46 Prozent der berufstätigen Frauen in Deutschland in Teilzeit tätig - sogar mehr als im Jahr 2000, als es immerhin nur knapp 40 Prozent waren.
Und natürlich verdienen Frauen weniger als Männer. Im EU-Durchschnitt ist ihr Stundenlohn um 15 Prozent geringer. In Deutschland sind es satte 22 Prozent, besagt die EU-Studie. Und während in anderen Ländern wie Großbritannien die Unterschiede in der Bezahlung in den vergangenen Jahren geringer wurden, hat in Deutschland die Lohnschere von 2001 bis 2003 bezogen auf das gesamte Erwerbseinkommen noch von 21 Prozent auf 23 Prozent zugenommen, so die Forscher.
Eine Online-Umfrage der Interset-Seite www.frauenlohnspiegel.de zu den Bruttolöhnen kommt zum gleichen Ergebnis: Demnach liegt der Unterschied bei den Bruttolöhnen bei durchschnittlich 22 Prozent. Der Lohnspiegel-Seite der Hans-Böckler-Stiftung zufolge verdient eine Großhandelskauffrau demnach rund 2188 Euro brutto und damit 504 Euro weniger als ein männlicher Kollege. Ein Informatiker bringt es im Durchschnitt auf 3971 Euro Gehalt und damit auf 381 Euro mehr als weibliche Kräfte in der Branche. Maschinenbauerinnen verdienen im Schnitt 3577 Euro, während Maschinenbauer es auf 4329 Euro bringen. Bei Bankkaufleuten beläuft sich der Unterschied auf rund 716 Euro.
Die Schlussfolgerungen aus solchen Zahlen liegen auf der Hand. "Nach wie vor bekommen Frauen für die gleiche Arbeit weniger Geld als Männer", sagt Reinhard Bispinck vom WSI-Tarifvarchiv der Böckler-Stiftung. Die extremen Unterschiede könne man auf keinen Fall allein damit erklären, dass Frauen häufiger eine Berufspause einlegten oder ihre Qualifikationen geringer seien.
Die zweite deprimierende Erkenntnis, die die EU-Forscher nach eigener Aussage besonders sorgt: Sobald Paare Kinder bekommen, passen immer noch in erster Linie die Frauen ihre Arbeitssituation dem neuen Familienleben an. Die logische Schlussfolgerung: Beim Karrieremachen hecheln sie den männlichen Kollegen hoffnungslos abgeschlagen hinterher. Dazu passt auch, dass die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen in den ersten Jahren des Berufslebens noch geringer sind als später und verheiratete Frauen schlechter bezahlt werden als Singles.
Dabei starten Frauen durchaus kraftvoll ins Berufsleben. Bei akademischen Abschlüssen seien Frauen EU-weit zunächst erfolgreicher als Männer. Wenn es aber um eine akademische Karriere geht, fallen sie immer weiter zurück. So sind von den Hochschulabsolventen insgesamt 59 Prozent weiblich. Doch nur 43 Prozent erlangen einen Doktortitel und nur 15 Prozent den Grad eines Professors. Auch in Politik und Wirtschaft haben dem Bericht zufolge die Männer das Sagen. Der durchschnittliche Frauenanteil in den Parlamenten der 27 EU-Staaten lag im Jahr 2006 bei nur 24 Prozent. Immerhin hier liegen die Deutschen über dem EU-Durchschnitt: Hier liegt der Anteil der weiblichen Abgeordneten immerhin bei 32 Prozent.
In Deutschland soll nun per Gesetz Schluss gemacht werden mit der Ungleichheit: Union und SPD brachten dafür heute im Bundestag einen gemeinsamen Antrag ein, der morgen anlässlich des internationalen Frauentages vom Parlament beschlossen werden soll. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, sich für gleiche Entgelte für gleichwertige Arbeit unabhängig vom Geschlecht einzusetzen. Generell soll die Regierung dem Antrag zufolge die Chancengleichheit von Frauen und Männern voranbringen und zu einem Schwerpunkt ihrer politischen Arbeit im laufenden Jahr machen. Bei weiteren Reformen zur Umgestaltung des Arbeitsmarktes solle dieses Ziel stärker berücksichtigt werden.
Ob die Emanzipation von oben mehr als ein Anfang sein kann, ist wohl fraglich. Selbst wenn der Antrag zu einem Gesetz führte, das ungleiche Bezahlung verbietet, wird diese oft schwer zu beweisen sein. Abgesehen davon manövrieren sich Frauen oft schon bei der Berufswahl ins Abseits: So ist der Frauenanteil bei vielen karriereträchtigen Berufen gering. Bei Naturwissenschaftlern und Ingenieuren liegt er etwa der EU-Studie zufolge nur bei 29 Prozent.
ase/AP/dpa