Euro-Navigationssystem "Galileo"-Projekt droht Kostenexplosion

Es soll die europäische Antwort auf den GPS-Standard werden, doch vorerst verursacht "Galileo" vor allem Kosten. Laut "Financial Times Deutschland" könnte das Netz von Navigationssatelliten fast zwei Milliarden Euro teurer werden als geplant, sich verzögern - und dann Verluste einbringen.
Galileo-Satellit (Simulation): Mehrkosten in Milliardenhöhe befürchtet

Galileo-Satellit (Simulation): Mehrkosten in Milliardenhöhe befürchtet

Foto: AP / ESA / P. Carril

EU-Kommission

Brüssel - Eigentlich war es als Prestigeobjekt geplant, doch das "Galileo"-System gerät für die Europäer immer mehr zum finanziellen Kraftakt. Laut Bundesregierung rechnet die in Brüssel damit, dass sich das Projekt weiter verzögert und zusätzliche Kosten von 1,5 bis 1,7 Milliarden Euro anfallen. Zudem werde das Netz aus Navigationssatelliten auf lange Sicht Verluste schreiben, heißt es in einem Regierungsbericht, wie die "Financial Times Deutschland" (FTD) berichtet.

"Galileo" soll im fertigen Zustand aus einem weltumspannenden Netz von mehr als 30 Satelliten bestehen. Diese werden gemeinsam präzise zeitliche und räumliche Informationen an Nutzer überall auf der Welt liefern. Das System soll Europa unabhängig vom US-Militärsystem Global Positioning System (GPS) machen - und zudem genauer und weniger anfällig für Störungen etwa durch dichte Wälder oder Gebäude sein.

Bei allem technischen Fortschritt droht das Projekt jedoch zu einem Minusgeschäft zu werden. "Insgesamt ist nach derzeit vorliegenden Schätzungen davon auszugehen, dass die Betriebskosten die direkten Einnahmen auch langfristig übersteigen werden", zitiert die FTD aus dem Bericht.

Selbst wenn man direkte Einnahmen von 100 Millionen Euro abziehe, liege der jährliche Zuschussbedarf bei 750 Millionen Euro. Erstmals würden mit dem Bericht ungeschönte Zahlen und die wahren Kosten des Projekts bekannt.

Deutlich höhere laufende Kosten als bisher angenommen

Bislang seien die jährlichen Betriebskosten auf rund 250 Millionen Euro taxiert worden. Inzwischen rechne Brüssel auch mit geringeren Einnahmen aus der Nutzung. Der Start der ersten zwei Galileo-Satelliten werde nun im dritten Quartal 2011, der Endausbau bis 2017/18 erwartet. Damit würde Galileo zehn Jahre später als ursprünglich geplant fertig.

Im Januar hatte das Bremer Technologieunternehmen OHB den Zuschlag für den Bau von 14 Satelliten erhalten. Dabei setzte sich die Firma gegen den Konkurrenten Astrium, eine Tochter des größten europäischen Luft- und Raumfahrtunternehmens EADS, durch.

jok/dapd
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