Europäische Zentralbank Der Leitzins bleibt unten

Trotz Konjunkturerholung und steigender Inflation hält die EZB an ihrer Nullzinspolitik fest. Damit will der EZB-Rat verhindern, dass die Erholung der Wirtschaft von den Pandemiefolgen gefährdet wird.
Die Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main

Die Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main

Foto: Christian Offenberg / imago images

Trotz einer Entspannung der Coronapandemie und steigenden Inflationsraten bleibt der Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von null Prozent. Das hat der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) beschlossen. Seit März 2016 liegt der Leitzins bereits auf diesem Niveau. Der Einlagesatz bleibt bei minus 0,5 Prozent. Geldhäuser müssen somit weiterhin Strafzinsen zahlen, wenn sie überschüssige Gelder bei der Notenbank horten.

Die Notenbank verkündete außerdem, dass die Ankäufe im Rahmen des billionenschweren Krisen-Anleihenkaufprogramms PEPP weiter deutlich umfangreicher ausfallen sollen als zu Jahresbeginn. Das im Frühjahr 2020 aufgelegte Programm wurde bereits zweimal aufgestockt. Es hat einen Kaufrahmen von 1,85 Billionen Euro, und die Käufe sollen noch bis Ende März 2022 fortgesetzt werden.

Die Währungshüter um Präsidentin Christine Lagarde wollen damit vermeiden, dass sich die Finanzierungsbedingungen für Firmen, Staaten und Privathaushalte verschärfen. Denn das könnte die Erholung der Wirtschaft von den Pandemiefolgen gefährden.

Das EZB-Kaufprogramm hilft Staaten wie Unternehmen: Diese müssen für ihre Wertpapiere nicht so hohe Zinsen bieten, wenn eine Zentralbank als großer Käufer am Markt auftritt. Insbesondere für Staaten ist das wichtig, weil sie in der Coronakrise milliardenschwere Rettungsprogramme aufgelegt haben, die es zu finanzieren gilt.

EZB-Ratsmitglied Klaas Knot hatte im April eine Debatte über ein Abschmelzen der Käufe losgetreten. Aus seiner Sicht könnte die Notenbank bei einer robusten Erholung ab dem dritten Quartal langsam damit beginnen, die PEPP-Käufe herunterzufahren, um sie dann im März 2022 wie geplant zu beenden. Die Debatte komme »zu früh und sei voreilig«, sagte Lagarde nach dem Zinsbeschluss in Frankfurt. Solche langfristigen Fragen stünden zu gegebener Zeit aber an.

Verbesserte Prognose trotz steigender Inflation

Die Inflation im Euroraum zieht seit einigen Monaten an. Angeheizt vor allem von steigenden Energiepreisen kletterte die jährliche Teuerungsrate im Mai auf 2,0 Prozent. Sie lag damit leicht über dem Ziel der Notenbank. Europas Währungshüter betrachten den Teuerungsschub jedoch als vorübergehend. Er sei unter anderem eine Folge des Preiseinbruchs in der ersten Coronawelle vor gut einem Jahr. Dauerhaft niedrige Preise gelten als Risiko für die Konjunktur: Unternehmen und Verbraucher könnten dann Investitionen aufschieben – in der Hoffnung, dass es bald noch billiger wird.

Europas Währungshüter sind seit Jahren im Antikrisenmodus. Die seit März 2015 laufenden anderen Kaufprogramme der Notenbank für Anleihen, mit denen die Inflation angeschoben werden soll, haben mit mehr als 3,1 Billionen Euro Ende Mai bereits ein gewaltiges Volumen erreicht. Doch die Aussichten für das Wirtschaftswachstum im Euroraum haben sich nach Einschätzung der EZB angesichts sinkender Corona-Infektionszahlen und der globalen Konjunkturerholung deutlich verbessert. Die Notenbank geht nun für dieses Jahr von einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 4,6 Prozent aus. Im März hatten die Währungshüter noch ein Wachstum von 4,0 Prozent vorhergesagt.

nek/dpa/reuters
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