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SIEMENS Fahnder machen Druck

aus DER SPIEGEL 19/2008

Mit Verve ist die Münchner Staatsanwaltschaft dabei zu klären, wer im Zentralvorstand des Siemens-Konzerns von möglichen Schmiergeldzahlungen an argentinische Entscheidungsträger gewusst oder diese gar befördert hat. Die Fahnder hoffen, in diesem Fall erstmals bis in die ehemalige Führungsspitze des Konzerns vorstoßen zu können. Hintergrund ist ein Eine-Milliarde-Dollar-Vertrag mit der Regierung in Buenos Aires aus dem Jahr 1998 über die Lieferung digitaler Personalausweise. Ein hochrangiger Siemens-Manager hatte bei seiner Aussage gegenüber Ermittlern vor gut zwei Wochen die früheren Vorstände Heinrich von Pierer, Heinz-Joachim Neubürger, Volker Jung und Uriel Sharef teils schwer belastet. So soll der damalige Konzernchef Pierer ihn und einen Kollegen zu Schmiergeldzahlungen aufgefordert haben. Pierer hatte dies, auch in einem Gespräch mit der Staatsanwaltschaft, bestritten. Inzwischen soll ein weiterer ehemaliger Top-Manager der damals zuständigen Konzernsparte SBS am vergangenen Dienstag die Aussagen in wichtigen Teilen bestätigt haben. Bald sollen weitere Zeugen zu dem Komplex geladen werden. Die Fahnder interessiert offenbar, was die damalige Siemens-Führung über einen 27-Millionen-Dollar-Beratervertrag mit einer Schweizer Firma weiß, bei dem die Staatsanwälte von verdeckten Schmiergeldzahlungen ausgehen. Ermittler wollten sich auf Anfrage zu dem Fall nicht äußern. Die betroffenen Manager bestreiten jedes Fehlverhalten.

Unterdessen hat der sechsköpfige Anti-Korruptions-Ausschuss des Siemens-Aufsichtsrats Anfang vergangener Woche beschlossen, die Kanzlei Hengeler Mueller einzuschalten, um den Verdachtsmomenten gegen frühere Vorstände nachzugehen und spätere Schadensersatzklagen vorzubereiten. Dazu sollen die Juristen prüfen, ob und in welchem Umfang die einzelnen Manager womöglich ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben. Einige von ihnen dürften schon in den nächsten Wochen Post von Siemens erhalten. So soll verhindert werden, dass eventuelle Ansprüche unter die Verjährungsfrist fallen. Der bis vor kurzem für die Energieverteilungssparte (PTD) zuständige Siemens-Vorstand Sharef könnte schon kurz nach Pfingsten einen Brandbrief seines Ex-Arbeitgebers bekommen. Nachdem die Staatsanwälte neuerdings auch in dieser Sparte wegen Schmiergeldverdachts ermitteln, erwägt der Aufsichtsrat, einen kürzlich geschlossenen Beratervertrag mit dem Manager zu kündigen.

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