Finanzkrise Goldman-Sachs-Chef fordert kollektive Demut seiner Branche
Hamburg - Trotz jüngster Quartalsgewinne mancher Geldhäuser, auch seines eigenen, warnt Alexander Dibelius: "Die Zeiten andauernder 25-prozentiger Nachsteuer-Renditen in der Finanzindustrie sind vorbei." Es könne nicht sein, dass "Verluste sozialisiert und Gewinne privatisiert werden", sagt der 49-Jährige Deutschland-Chef von Goldman Sachs in einem SPIEGEL-Interview.
Dibelius fordert die gesamte Finanzindustrie zu "kollektiver Demut" auf. "Salopp gesagt gilt: Mitgefangen, mitgehangen". Rückwirkend betrachtet sehe "manches in unserer Branche gierig aus, selbstbezogen und realitätsfremd, als ginge die Gesellschaft drum herum sie gar nichts an. Und ich gebe zu: Es ist uns insgesamt nicht gelungen, mit den Erwartungen umzugehen, die diese Gesellschaft an uns hat - als Individuum, als Institut, als Industrie".
Angesichts sich verschärfender Proteste der Öffentlichkeit müssten nun "alle aufpassen, dass sich niemand als Elite isoliert, sonst entstünden dramatische Spannungen in unserer Gesellschaft".
Auch Goldman Sachs hatte von der US-Regierung zehn Milliarden Euro an Finanzhilfen bekommen, und "es wäre arrogant zu behaupten, dass wir ohne sie überlebt hätten. Nur: Wir als einzelnes Haus hätten noch gute Reserven gehabt. Aber wenn ein Tsunami kommt, ertrinkt auch ein Ausnahmeschwimmer wie Michael Phelps."