Kurssturz trotz Milliardenhilfen Befreiungsschlag für First Republic gescheitert

First-Republic-Zentrale: Misstrauen bleibt
Foto: Patrick T. Fallon / AFPDie Lage bei der strauchelnden US-Regionalbank First Republic aus San Francisco bleibt trotz einer konzertierten Hilfsaktion der größten Geldhäuser der Vereinigten Staaten prekär. Am Montag verlor die Aktie 47 Prozent ihres Wertes und erreichte ein Rekordtief von rund 12 Dollar. Während sich die Finanzmärkte nach der Übernahme der angeschlagenen Credit Suisse durch die Schweizer Rivalin UBS zum Wochenbeginn insgesamt stabilisierten, ist das Misstrauen der Anleger gegenüber einzelnen Banken immer noch hoch.
Vor allem First Republic, deren Aktie seit Jahresbeginn rund 90 Prozent an Wert eingebüßt hat, bleibt ein Notfall. Am Donnerstag hatten elf US-Großbanken – darunter Branchenführer JPMorgan Chase, Bank of America, Citigroup und Goldman Sachs – die taumelnde Regionalbank mit unversicherten Einlagen im Volumen von insgesamt 30 Milliarden Dollar zu stützen versucht. Der Rettungsplan erfolgte in enger Abstimmung mit dem Finanzministerium und der Notenbank. Doch der erhoffte Befreiungsschlag blieb aus.
Anleger wetten auf Kursverfall
Am Optionsmarkt deckten sich Investoren trotz der Hilfsaktion in großem Stil mit Papieren ein, die auf einen weiteren Kursabsturz setzen. Laut US-Medienberichten erwägen JPMorgan und die anderen Großbanken bereits, ihre Einlagen zum Teil in eine milliardenschwere Kapitalinfusion umzuwandeln, um dem kriselnden Geldhaus wieder auf die Beine zu helfen.
Vorausgegangen war eine weitere Abstufung der Bonitätsnote von First Republic durch die Ratingagentur Standard & Poor's. Die Kreditwächter meinen, dass die 30 Milliarden Dollar an Einlagen zwar den akuten Liquiditätsdruck vermindern, die »erheblichen« Probleme der Bank aber womöglich nicht lösen werden.
Abgesehen von der First Republic Bank ließ der Stress im US-Bankensektor am Montag jedoch deutlich nach. Die meisten anderen der zwischenzeitlich von Anlegern angezählten Institute verbuchten Kursanstiege.
Zweiklassengesellschaft
Seitdem die Insolvenz der Kryptobank Silvergate und die Zusammenbrüche der Silicon Valley und der Signature Bank die Branche ins Chaos stürzten, hat sich der US-Bankensektor zu einer Art Zweiklassengesellschaft entwickelt. Zeitweise wurden Einlagen massenhaft von kleineren Instituten zu Großbanken verschoben, die wegen ihrer von Finanzaufsehern angenommenen Systemrelevanz strengeren Kapitalvorschriften unterliegen.
Ein Grund für diese Verlagerung ist auch, dass auf Konten einiger kleinerer regionaler Finanzhäuser überproportional oft Beträge liegen, die größer als 250.000 Dollar sind. Sie sind damit durch die Einlagensicherung FDIC nicht gedeckt. Bei der Silicon Valley Bank und der Signature Bank sprach die US-Regierung zwar eine weitreichende Garantie aus, um einen landesweiten Sturm auf die Bankschalter zu verhindern. Bei anderen Instituten ist die Situation bislang allerdings noch nicht ganz klar. Laut »Wall Street Journal« wurden bei First Republic in wenigen Tagen rund 70 Milliarden Dollar abgezogen – etwa 40 Prozent der gesamten Einlagen der Bank.
Die derzeitigen Turbulenzen betreffen bislang nur einzelne Banken – meist mit hausgemachten Problemen. Nach Einschätzung der meisten Experten ist die Situation grundlegend anders gelagert als bei früheren Fällen, die zu Flächenbränden im Finanzsystem geführt haben.
Dennoch gibt es Warnungen vor größeren Gefahren, die noch in den Bankbilanzen schlummern. Eine Studie, die zuletzt für Aufsehen sorgte, geht von fast 190 US-Banken aus, die unter hohen Zinsrisiken in ihren Bilanzen leiden. Die Analyse schätzt die Summe womöglich gefährdeter Kundeneinlagen auf rund 300 Milliarden Dollar. Die Forscher betonen, dass die Silicon Valley Bank bei Weitem nicht das Geldhaus mit der schlechtesten Kapitalausstattung in den USA war und zehn Prozent der Banken dort größere, bislang noch nicht realisierte Wertverluste in ihren Bilanzen haben.