Kritik an Scholz Forscher sehen gravierende Schwächen bei Finanztransaktionsteuer

Gut gedacht, schlecht umgesetzt: Ein IfW-Gutachten im Auftrag der Bundesregierung bescheinigt den Plänen von Finanzminister Scholz für die Finanztransaktionsteuer erhebliche Mängel - sie treffe genau die Falschen.
Aktienhändler in New York (Archivbild): Eine Diskriminierung klassischer Börsenplätze?

Aktienhändler in New York (Archivbild): Eine Diskriminierung klassischer Börsenplätze?

Foto: Jin Lee/ AP

Ein Gutachten im Auftrag der Bundesregierung attestiert Nachbesserungsbedarf beim deutsch-französischen Vorschlag für eine EU-Finanztransaktionsteuer. Das Konzept stehe "zu Recht in der Kritik, unter anderem weil es Derivate und den außerbörslichen Handel außen vor lässt", sagte der federführende Forscher Christoph Trebesch vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Das Institut erstellte das Gutachten  im Auftrag von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU).  Zuerst hatte "Bild" darüber berichtet.

Die ausgenommenen Derivate machen laut IfW mehr als 80 Prozent der Finanztransaktionen in Deutschland und der Eurozone aus. Dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) nur an der Börse gehandelte Aktien besteuern will, passe nicht zur heutigen Struktur der Finanzmärkte und reduziere die Einnahmen erheblich.

Auch treffe die Steuer die Falschen. "Gerade Investoren, die sich aktiv und transparent am Markt beteiligen, werden besteuert", heißt es im Gutachten. Geschont würden hingegen intransparente Akteure, die mit hochriskanten Finanzinstrumenten handelten.

Ausländische Investoren würden am meisten zahlen

Privathaushalte würden den Forschern zufolge nur einen geringen Anteil der neuen Steuer finanzieren. "Ein Großteil des Steueraufkommens in Deutschland würde von professionellen Investoren aus dem Ausland geleistet, da diese die meisten Dax-Aktien halten und handeln", sagte Trebesch. Laut Schätzungen seien im Jahr 2018 nur noch rund 15 Prozent der Dax-Werte von deutschen Haushalten gehalten worden, ein wachsender Anteil liege hingegen bei US-Pensionsfonds und ausländischen Staatsfonds.

Die Wissenschaftler schlagen eine Ausweitung auf den außerbörslichen Handel und Derivate vor. Statt bei den geplanten 0,2 Prozent sollte der Steuersatz allerdings nur bei 0,01 bis 0,02 Prozent liegen, da die Umschlagszahlen im Derivatemarkt äußerst hoch seien. Außerdem solle die Steuer auf Anleihen und den Hochfrequenzhandel ausgeweitet werden.

Entwicklungsminister Müller verlangte von Scholz Korrekturen. "Wir sollten bei der EU-Finanztransaktionsteuer zum Ursprungsvorschlag der EU-Kommission zurückkehren und den Hochfrequenzhandel und Derivatgeschäfte erfassen", sagte er "Bild". Scholz will die Einnahmen aus der Steuer insbesondere zur Finanzierung der Grundrente verwenden.

dab/AFP

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