Kleinanleger-Coup
Justiz will GameStop-Vorfälle prüfen
Broker-Apps hatten nach dem Anstieg der GameStop-Aktie teilweise den Handel beschränkt. Das ruft nun Justizbehörden auf den Plan. Die Forenbetreiber hinter dem Hype bedanken sich derweil bei Elon Musk.
Mit solchen Geschenkkarten können GameStop-Ladengeschäfte in der Corona-Pandemie kaum Geld verdienen – dank einem Schwarm von Kleinanlegern steigt die Aktie trotzdem (Archivbild)
Foto: MIKE BLAKE / REUTERS
Die Vorfälle rund um die Spekulation mit Aktien des Videospielhändlers GameStop an der US-Börse rufen nun auch Justizbehörden auf den Plan. Der texanische Generalstaatsanwalt Ken Paxton teilte am Freitag (Ortszeit) mit, Informationen von Robinhood und einer Reihe weiterer Onlinebroker angefordert zu haben, um herauszufinden, ob bei den Beschränkungen des Handels mit Aktien von GameStop und einigen anderen Firmen alles mit rechten Dingen zugegangen sei.
Neben Handelsplattformen wie Robinhood forderte Paxton auch interne Unterlagen von der Plattform Discord an. Die Betreiber der Chat-App hatten den Kanal von Wallstreetbets zeitweise gesperrt. Über das Forum kommunizierten Kleinanleger, die die Kampagne zum Ankauf der GameStop-Aktie ins Rollen gebracht hatten.
Die Kleinanleger von Wallstreetbets hatten zuvor dafür gesorgt, dass der Kurs von GameStop unerwartet in die Höhe schnellte. Die von ihnen genutzten Onlinebroker Apps wie Robinhood hatten daraufhin den Handel mit GameStop eingeschränkt.
Wirtschaftlich steht die Kette GameStop, die über Ladengeschäfte Videospiele verkauft, eigentlich schlecht da. Hedgefonds hatten deshalb auf einen Verfall der Aktie gewettet. Aufgrund der Hobbyanleger mussten sie diese Woche jedoch Verluste hinnehmen. (Mehr zu den Hintergründen des wahnwitzigen Wettstreits zwischen Hobbyanlegern und Hedgefonds lesen Sie hier.)
Staatsanwalt spricht von »Korruption« – und sieht sich selbst mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert
Generalstaatsanwalt Paxton behauptete in einer Stellungnahme, dass es offensichtlich Absprachen zwischen Hedgefonds, Handelsplattformen und Webplattformen gegeben habe, um deren Marktdominanz zu schützen. »Das stinkt nach Korruption«, so Paxton. In einem Tweet sprach er außerdem in verschwörungsideologischer Rhetorik von einer »Kabale von Oligarchen«, die man diese Woche habe beobachten können.
Paxton sieht sich aber selbst mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert. Laut Medienberichten vom Dezember soll das FBI gegen den Generalstaatsanwalt ermitteln. In einem offenen Brief werfen mehrere ehemalige hochrangige Mitarbeiter Paxton Bestechlichkeit und Amtsmissbrauch vor.
Die Chat-Plattform Discord erklärte, dass der Kanal von Wallstreetbets nicht wegen Vorwürfen des Finanzbetrugs gesperrt sei. Der Kanal habe trotz wiederholter Warnungen des Unternehmens »Hassrede und diskriminierende Inhalte erlaubt«. Discord hat die Sperre inzwischen aufgehoben und unterstützt einen neuen Kanal von Wallstreetbets aktiv bei der Moderation auf der Plattform.
US-Börsenaufsicht kündigt Prüfung rund um GameStop-Hype an
Die amerikanische Börsenaufsicht SEC hat unterdessen bekräftigt, die Vorgänge rund um den GameStop-Hype zu untersuchen. Die SEC versprach, Kleinanleger zu schützen, wenn die Faktenlage auf manipulative Handelsaktivitäten hinweise. Die Aufsicht werde für »faire, ordentliche und effiziente Märkte« sorgen.
Angesichts der großen Aufregung richtete die Behörde extra ein Onlineformular ein und forderte betroffene Anleger zudem auf, sich per E-Mail oder Telefonhotline an die SEC zu wenden. Dem Finanzsender CNBC zufolge waren am Freitagnachmittag bereits 4000 Beschwerden eingegangen.
Durch die Handelsrestriktionen von Brokern wie Robinhood sehen sich die Kleinanleger, die in dem Kräftemessen zuletzt die Oberhand hatten, auf ihrer Gewinnstrecke ausgebremst. Einige Hedgefonds erlitten bei ihren Wetten extrem hohe Verluste, deshalb gibt es den Verdacht, dass die Handelsplattformen ihnen den Rücken freihalten. Robinhood und Co. streiten dies ab, doch die Empörung ist nicht nur bei der Anlegercommunity groß, sondern auch in der Politik. New Yorks Generalstaatsanwältin Letitia James will ebenfalls ermitteln.
An der Börse gingen die Kurskapriolen der betroffenen Aktien am Freitag unterdessen munter weiter. Nachdem die Handelsbeschränkungen vom Vortag zumindest etwas gelockert wurden, schlossen die Papiere von GameStop mit 68 Prozent im Plus, die der ebenfalls stark im Fokus der Spekulationen stehenden Kinokette AMC legten um 54 Prozent zu. Doch der Frust der Anleger über Robinhood ist inzwischen so groß, dass sich am Freitagnachmittag (Ortszeit) bereits 26.000 von ihnen über eine spezielle App einer Sammelklage angeschlossen hatten.
Millionen neue Mitglieder in Wallstreetbets-Forum
Nicht betroffen von der Sperre auf Discord war das Reddit-Unterforum von Wallstreetbets. Hier hatte die Kampagne zu GameStop ihren Ursprung. In einer Fragerunde erklärten die Betreiber am Freitag, dass die enorme Popularität ihres Forums für sie eine Herausforderung gewesen sei. Das Forum sei von 300.000 Mitgliedern auf mehr als Millionen angewachsen, zeitweise sei Reddit für sie kaum benutzbar gewesen.
Die Betreiber des Forums bedankten sich außerdem bei Elon Musk. Der Tesla-Chef habe geholfen, als es Probleme mit den Betreibern von Discord gab, erklärten die anonymen Administratoren von Wallstreetbets.
Außerdem erklärten sie in ihrer Fragerunde, dass die traditionellen Wall-Street-Anleger Angst vor Kleinanlegern wie ihnen hätten. Die häufig gestellte Frage, ob man verraten werde, welche Aktie man als Nächstes empfehlen werde, wurde dagegen nur mit einem Wort beantwortet: »Nein.« Ob dahinter juristische Gründe stehen oder ob man überraschenden Aktionen des Anlegerschwarms nicht vorgreifen will, blieb unklar.
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Mit solchen Geschenkkarten können GameStop-Ladengeschäfte in der Corona-Pandemie kaum Geld verdienen – dank einem Schwarm von Kleinanlegern steigt die Aktie trotzdem (Archivbild)