Gasprom-Bürgschaft Clement eilt Schröder zu Hilfe
Berlin/Hamburg - In einen Gespräch mit der "Welt am Sonntag" bot sich Clement als Kronzeuge der Verteidigung an. "Die Bürgschaftsgarantie wurde gewährt, weil die Pipeline für die deutsche Energieversorgung außerordentlich wichtig ist. Das hatte nicht das Geringste mit Schröder zu tun. Der Bundeskanzler hat bei meiner Entscheidung keine Rolle gespielt", sagte er der Zeitung.
Die Entscheidung selbst verteidigte er offensiv: "Es war das vernünftigste, was es gibt, dass wir diese Bürgschaft übernommen haben. Die nachfolgenden Generationen werden über diese Pipeline froh sein."
Die Aufregung war nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" entstanden, dessen Inhalt ein Ministeriumssprecher heute bestätigte. Danach war die grundsätzliche Entscheidung über eine Milliarden-Bürgschaft für Gasprom am 24. Oktober 2005 vom interministeriellen Ausschuss der damaligen Bundesregierung getroffen worden. Die Bundesregierung müsste einspringen, falls Gasprom den Kredit von einer Milliarde Euro für den Bau der deutsch-russischen Erdgas-Pipeline nicht zurückzahlen kann.
Eine Bürgschaft in dieser Form ist zumindest ungewöhnlich. Normalerweise erhalten deutsche Unternehmen, die Waren ins Ausland exportieren, unter bestimmten Umständen eine Garantie der Regierung, gegebenenfalls für Forderungsausfälle einzuspringen. Dass die Regierung auch für ausländische Konzerne bürgt, dafür existieren bislang keine Beispiele.
Die Entscheidung war nicht zuletzt auch deshalb auf heftige Kritik gestoßen, weil nicht wenige Indizien auf eine ungebührliche Interessenverquickung hindeuten - so etwa Schröders neue Posten als Aufsichtsratschef beim Betreiber der Ostsee-Pipeline, den er seit Donnertag innehat. Für Argwohn sorgt auch die Tatsache, dass der Haushaltsausschuss erst mit deutlicher Verspätung von dem Geschäft unterrichtet worden ist. Am kommenden Mittwoch wollen sich nach Informationen der "Welt am Sonntag" die Mitglieder des Haushaltsausschusses mit Vorgang und seinen Hintergründen befassen.
Indizien für Interessenverquickung
Entsprechend rüde waren auch die Attacken, denen sich Schröder heute ausgesetzt sah. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) verlangte in der "Bild am Sonntag" restlose Aufklärung und kritisierte zugleich Schröder Engagement bei Gasprom überhaupt. Nach seiner Auffassung sollte Regierungsmitgliedern grundsätzlich untersagt sein, kurz nach ihrem Ausscheiden eine Tätigkeit bei einem Unternehmen aufzunehmen, mit dem sie während ihrer Amtszeit zu tun hatten.
In der gleichen Zeitung meldete sich auch FDP-Chef Guido Westerwelle zu Wort. "Diese Affäre stinkt zum Himmel", sagte er. Die Aufklärung über die Bürgschaft werde er notfalls parlamentarisch erzwingen.
Der stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Bodo Ramelow, kündigte an, seine Fraktion werde im Bundestag alle Möglichkeiten nutzen, um die parlamentarische Aufklärung voranzutreiben. "Die Gasprom-Deals von Altkanzler Schröder werden immer unappetitlicher."
Entscheidung ohne Wissen des Kanzlers
Der Grünen-Vorsitzende Reinhard Bütikofer warf Schröder "Unverfrorenheit" vor und forderte ihn auf, sein Aufsichtsratsmandat niederzulegen. Es sei ein Skandal, dass Schröder behaupte, er habe nichts von der Garantie gewusst, sagte Bütikofer beim Landesparteitag der Berliner Grünen. Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn nannte die Übernahme des Aufsichtsratspostens durch Schröder im "Tagesspiegel am Sonntag" zwar "peinlich", verteidigte die Kreditbürgschaft selbst allerdings als "handelsüblich".
Der Alt-Kanzler sieht sich dagegen in jeder Hinsicht zu Unrecht angegriffen. "In meiner Regierungszeit hatte ich keinerlei Kenntnisse von einem solchen Vorschlag und war deshalb auch nie damit befasst", heißt es in einer Erklärung, die der dpa vorliegt. Nach seinem Kenntnisstand ging die Initiative von der Deutschen Bank und der KfW Bankengruppe aus, die einen gemeinsamen Vorschlag für eine solche Finanzierung vorgelegt hätten. Gasprom-Vorstandschef Alexej Miller habe ihm jedoch "verbindlich mitgeteilt, dass Gasprom den Vorschlag der beiden Banken nicht angenommen hat und auch nicht annehmen wird".
Sein Engagement für das Konsortium, das die Ostsee-Pipeline baut, verteidigte Schröder erneut. Er sei damit im November 2005 konfrontiert worden und habe zunächst abgelehnt, sagte er dem "Handelsblatt". Am 9. Dezember sei er dann "der Bitte des russischen Präsidenten nachgekommen." Behauptungen, es habe bereits Vorfestlegungen noch während seiner Amtszeit gegeben seien falsch.
mik/dpa/ap/afp