Umstrittenes Ampelprojekt Gasumlage wird immer unwahrscheinlicher

Sie sollte angeschlagene Gasimporteure wie Uniper retten. Inzwischen ist die Gasumlage zum großen Streitthema der Bundesregierung geworden. Kurz vor ihrer Einführung im Oktober könnte sie nun endgültig abgeräumt werden.
Bundesminister Lindner, Habeck

Bundesminister Lindner, Habeck

Foto: Kay Nietfeld / dpa

In der Diskussion über die Gasumlage  äußert nun auch Bundesfinanzminister Christian Lindner Zweifel an dem umstrittenen Instrument. Es stelle sich bei dem Projekt »weniger die Rechtsfrage, sondern immer mehr die wirtschaftliche Sinnfrage«, sagte Lindner der »Bild am Sonntag« (BamS).

»Wir haben eine Gasumlage, die den Preis erhöht. Aber wir brauchen eine Gaspreisbremse, die den Preis senkt«, fügte der FDP-Chef hinzu. Bis Hilfen der Bundesregierung für Haushalte, Handwerk, Sportvereine oder Kultur stünden, vergehe noch Zeit. »Eine Gaspreisbremse muss allen Menschen in einer Volkswirtschaft schnell helfen«.

Grünen-Chef Omid Nouripour hat sich der Forderung nach einer Begrenzung des Gaspreises angeschlossen. »Wir brauchen natürlich auch einen Gaspreisdeckel«, sagte Nouripour am Sonntag auf dem Landesparteitag der bayerischen Grünen in Landshut. Ein solcher Deckel sei zwar »eine komplizierte Maßnahme«, aber daran arbeiteten jetzt alle miteinander, so Nouripour.

Die Gasumlage ist eines der wichtigsten Vorhaben der Bundesregierung in der Energiepreiskrise – und sorgt seit Wochen für Streit zwischen den Koalitionspartnern . Mit ihr sollen Gasimporteure gestützt werden, die wegen der hohen Einkaufspreise für russisches Gas in Schwierigkeiten geraten. Derzeit ist die Umlage für alle Gasnutzer auf rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde festgelegt.

Federführend geplant wurde die Umlage von Wirtschaftsminister Robert Habeck  (Grüne). Inzwischen macht jedoch selbst sein eigenes Ministerium erhebliche rechtliche Bedenken aus.

Laut »BamS« hat Habeck den Gesetzentwurf vergangenen Mittwoch zwar an die Kabinettsmitglieder verschickt, im Anschreiben dazu aber »unter dem Vorbehalt der finanzverfassungsrechtlichen Prüfung« des Finanzministeriums gestellt. Auch sei auf die möglichen Alternativen verwiesen worden – direkte Staatshilfen an die Not leidenden Gasversorger oder eine Übernahme der Zusatzkosten der Gasimporteure aus Haushaltsmitteln.

Letzteres forderte Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil , ebenfalls in der »BamS«. Er »erwarte, dass der Gaspreisdeckel im Oktober steht«. Die Preisbegrenzung für Gas – und auch für Strom – sollte sowohl für Privathaushalte gelten als auch für die Wirtschaft.

Zudem forderte Weil ein wirksames »Bündel an Hilfsprogrammen wie bei Corona«. Klar sei: Das werde Geld kosten, und zwar so viel, dass die Schuldenbremse nicht einzuhalten sein werde. »Aber wenn wir die Unternehmen pleitegehen lassen , wird es am Ende für viele sehr bitter und für die öffentlichen Kassen noch sehr viel teurer.«

Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse sieht vor, dass Bund und Länder ihre Haushalte grundsätzlich ohne Kredite ausgleichen müssen. Vor allem Finanzminister Christian Lindner und seine FDP pochen auf eine strikte Einhaltung der wegen Corona im Bund drei Jahre lang ausgesetzten Regel ab 2023.

sbo/kor/dpa
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