Gerichtsurteil Arbeitsamt muss keine Prostituierte vermitteln

Ein Bordellbesitzer wollte von einer Arbeitsagentur Prostituierte vermittelt bekommen. Die Agentur weigerte sich wegen moralischer Bedenken - und wurde daraufhin verklagt. Jetzt bekam die Agentur in letzter Instanz Recht.

Kassel - Das Arbeitsamt muss einem Bordell keine Prostituierten suchen. Das hat das Bundessozialgericht in Kassel am Mittwoch höchstrichterlich klargestellt und damit die Forderung eines Bordellbetreibers aus Speyer in dritter und letzter Instanz abgewiesen. Die Bundesanstalt für Arbeit habe das Ansinnen des 45- Jährigen zu Recht abgelehnt, weil die Behörde nicht verpflichtet sei, in diesem Bereich tätig zu werden. "Eine solche Handlung der öffentlichen Gewalt lässt sich nicht mit der Werteordnung des Grundgesetzes vereinbaren", hieß es in der Urteilsbegründung.

Der Mann betreibt in Speyer und Karlsruhe die Bordelle "Lauras Girls". Bislang arbeiten die Frauen bei ihm als selbstständige Unternehmerinnen. Weil er die käufliche Liebe künftig aber von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten anbieten lassen will, bat er die Arbeitsagentur um Hilfe bei der Suche nach geeigneten Mitarbeiterinnen aus Deutschland und der Europäischen Union. Als Art der Tätigkeit gab er die "Vornahme sexueller Handlungen" an.

Der Anwalt des Mannes argumentierte, Prostitution sei mittlerweile ein normales Gewerbe. Die Bundesagentur dürfe nur bei kriminellen Hintergründen die Vermittlung verweigern, ansonsten habe sein Mandant wie jeder andere Arbeitgeber auch das Recht, die Dienste der Behörde in Anspruch zu nehmen. Das gelte erst recht, seit es das Prostitutionsgesetz gebe: "Wenn sie in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, muss sich die Anstalt auch um sie kümmern."

Die Arbeitsagentur vermochte in dem Prostitutionsgesetz aber keine moralische und gesellschaftliche Legitimation des Sexgewerbes zu erkennen und lehnte den Vermittlungsauftrag als sittenwidrig ab. "Wir werden nicht vermitteln, solange es nicht eine eindeutige moralische Haltung in Deutschland zur Prostitution gibt. Wenn doch, müsste es aber ein ganz normaler Beruf sein, ohne Wenn und Aber. Und das schließt auch das Recht auf Weiterbildung ein."

Der Senat ließ die Argumentation des Klägers mit dem Prostitutionsgesetz nicht zu. "Das Gesetz wurde zum Schutz der Beschäftigten gemacht, nicht zur Förderung des Geschäfts." In der Urteilsbegründung ging das Gericht nicht auf das Argument der Bundesanstalt ein, dass auch deren Mitarbeiter geschützt werden müssten und einigen die Vermittlung von Prostituierten nicht zugemutet werden könne. Das hatte der Anwalt des Bordellbesitzers nicht gelten lassen wollen: "Dann dürfen Sie auch keine Fleischer vermitteln, weil eventuell ein paar Vegetarier bei Ihnen arbeiten."

(Aktenzeichen B 11 AL 11/08 R)

ore/ddp/dpa
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