Gesundheitsfonds Krankenkassen wollen Beitragssteigerung auf fast 16 Prozent

Eins ist klar: Die Beiträge zur Krankenversicherung steigen. Die Fachleute aus Gesundheitsministerium und Bundesversicherungsamt haben 15,5 Prozent vorgeschlagen - die Krankenkassen wollen noch mehr. Ministerin Ulla Schmidt ist entsetzt.

Berlin - Der Sozialverband Deutschland hat den von Gesundheitsministerium und Bundesversicherungsamt empfohlenen Kassenbeitrag von 15,5 Prozent als zu niedrig kritisiert. "Damit droht eine Unterfinanzierung des Gesundheitsfonds, die auf Kosten der Patienten und Versicherten geht", sagte SoVD-Präsident Adolf Bauer am Freitag in Berlin. Nach einer konservativen Berechnung des SoVD wäre ein Beitragssatz von 15,7 bis 15,75 Prozent notwendig, um alle Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Jahr 2009 abzudecken.

"Der Beitragssatz darf nicht politisch festgelegt werden, sondern muss die gesamten Ausgaben der GKV abdecken", sagte Bauer. Ein zu niedriger Beitragssatz zwinge die Krankenkassen zu Einsparungen bei der medizinischen Versorgung und gehe damit zu Lasten der Patienten und Versicherten. "Bei einem zu niedrigen Beitrag müssen die Krankenkassen schneller einen Zusatzbeitrag erheben. Den zahlen ausschließlich die Versicherten", sagte Bauer. Der Gesundheitsfonds dürfe 2009 auf keinen Fall mit einer Unterfinanzierung starten.

Nach viertägiger Sitzung hatte sich der Schätzerkreis der Krankenversicherung am späten Donnerstagabend nicht auf eine einheitliche Empfehlung für einen Beitragssatz einigen können. Bundesgesundheitsministerium und Bundesversicherungsamt empfahlen einen Satz von 15,5 Prozent. Die Krankenkassen halten hingegen einen Satz von 15,8 Prozent für nötig.

Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hat die Krankenkassen scharf kritisiert. Die Ministerin wundere sich sehr über das Verhalten der Kassenvertreter, sagte eine Sprecherin ihres Hauses am Freitag. Die Beitragszahler dürften nicht grenzenlos belastet werden, Schmidt erwarte hier mehr Respekt vor der Arbeitsleistung der Versicherten.

Das letzte Wort hat nun die Bundesregierung. Sie will den Einheitssatz, der zum Start des Gesundheitsfonds ab 2009 gelten soll, kommende Woche per Kabinettsbeschluss festlegen. Bereits im Vorfeld hatte sie angekündigt, den Satz so niedrig wie möglich halten zu wollen. Bisher hat jede Krankenkasse ihren eigenen Satz. Die Bandbreite liegt zwischen rund 13 und rund 16,5 Prozent des Bruttolohns. Im Durchschnitt liegt der Beitragssatz damit bei 14,9 Prozent. Am Sonntag wird sich voraussichtlich auch der Koalitionsausschuss mit dem Thema befassen.

Grundsätzlicher Widerstand kommt erneut aus dem Lager der Arbeitgeber. Deren Präsident, Dieter Hundt, hat die geplante Anhebung des Kassenbeitragssatzes scharf kritisiert. In der "Bild"-Zeitung sprach Hundt von der "Konsequenz einer vermurksten Gesundheitsreform und leichtfertiger politischer Versprechungen an Ärzte und Krankenhäuser". Jetzt drohe ein neuer Rekordbeitragssatz, obwohl die Koalition zu Beginn der Legislaturperiode versprochen habe, die Beitragssätze stabil zu halten und möglichst zu senken. Die Bundesregierung müsse bei den Gesetzesberatungen zur Krankenhausfinanzierung und zur weiteren Umsetzung der Gesundheitsreform gegensteuern, um den drohenden Beitragssatzanstieg in der Krankenversicherung zu begrenzen.

Ab dem 1. Januar 2009 muss für den Gesundheitsfonds ein einheitlicher Beitragssatz für die mehr als 200 gesetzlichen Kassen erhoben werden. In den neuen Fonds fließen die Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie Steuermittel und das Geld aus den Zuzahlungen der Patienten. Die Summe hat 2009 eine Größenordnung von etwa 160 Milliarden Euro. Diese verteilt der Fonds, der beim Bundesversicherungsamt verwaltet wird, dann an die gut 200 Krankenkassen.

Je nach Alter, Geschlecht und Krankheit ihrer Versicherten erhalten die Kassen außerdem Zu- oder Abschläge. Und über den sogenannten Risikostrukturausgleich sollen schwerwiegende und kostenintensive chronische Krankheiten berücksichtigt werden. Wenn eine Kasse mit dem ihr zugeteilten Geld nicht auskommt, kann sie von ihren Versicherten mehr verlangen. Unabhängig vom Einkommen können das bis zu acht Euro monatlich sein.

ler/Reuters/dpa/AP

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