
Smog in Griechenland: Dicke Luft über Athen und Thessaloniki
Heizungskrise Giftiger Smog überzieht griechische Großstädte
Am Donnerstag erreichte die Luftverschmutzung in Thessaloniki, der zweitgrößten Stadt Griechenlands, einen neuen Rekordstand. Die Belastung lag um mehr als das Doppelte über der Alarmschwelle. Auch über Athen hat sich sich eine graubraune Wolke ausgebreitet, auch hier wurden die Grenzwerte überschritten. Das Phänomen habe "bedrohliche Dimensionen angenommen", besonders für Kinder und chronisch Kranke, teilte die Ärztekammer mit.
Schuld an der starken Konzentration von Kohlenmonoxid und anderen schädlichen Stoffen in der Luft tragen die zahlreichen Holzöfen und Feuerstellen, in denen die Griechen oft minderwertiges, chemisch behandeltes Holz verbrennen. Und zwar besonders häufig, seit ihnen ihre Öl- oder Elektroheizungen zu teuer geworden sind. Viele Griechen sehen in den Dunstglocken über den Städten deshalb ein weiteres Symptom ihrer Misere - und neben der eigenen Regierung bekommt auch die Troika der internationalen Geldgeber einen Teil des Zorns ab.
Der Brennholz-Smog war erstmals im Dezember 2012 in Athen aufgetreten. In jenem Jahr hatte Griechenland die Steuer auf Heizöl drastisch angehoben, um sie an die Steuer für Dieselkraftstoff anzugleichen. Seitdem ist der Heizölverbrauch in Griechenland um rund 50 Prozent eingebrochen. Trotz des offensichtlichen Zusammenhangs mit der Luftverschmutzung weigert sich die Regierung in Athen, die Steuererhöhung rückgängig zu machen. Was wiederum daran liegen dürfte, dass die griechischen Finanzbehörden das Steueraufkommen erhöhen müssen, um die Auflagen der internationalen Kreditgeber zu erfüllen - vertreten durch die sogenannte Troika aus Internationalem Währungsfonds, Europäischer Kommission und Europäischer Zentralbank.
Regierung lehnt Senkung der Heizölsteuer ab
"Eine Senkung der Heizölsteuer würde im Extremfall ja auch denjenigen Griechen helfen, die ihre Schwimmbecken beheizen wollen", sagte Finanzminister Yannis Stournaras nach einem Dringlichkeitstreffen des Kabinetts am ersten Weihnachtstag - und lehnte mit diesen Worten eine entsprechende Forderung von 41 griechischen Abgeordneten aus dem Regierungslager ab. Stournaras forderte bedürftige Stadtbewohner stattdessen auf, Heizölzulagen und kostenlosen Strom in Anspruch zu nehmen. Die Regierung hatte kürzlich beschlossen, besonders arme Familien in der smogintensiven Zeit kostenlos mit Strom zu versorgen, damit diese ihre Wohnungen mit Heizstrahlern erwärmen können.
Doch bislang boomt vor allem der Verkauf von Holzöfen. Zudem nutzen viele Griechen ihre einst nur zu Dekorationszwecken eingebauten Kamine mittlerweile als Hauptwärmequelle für ihre Häuser und Wohnungen. Diese Kamine stoßen bis zu 2000-mal so viel Feinstaub aus wie eine Ölheizung. Sie gelten als die umweltschädlichste Möglichkeit überhaupt, eine Wohnung warm zu kriegen.
Angesichts der starken Luftverschmutzung hatte die griechische Regierung unter Premierminister Antonis Samaras sogar kurzzeitig ein Verbot von Kaminfeuern erwogen. Doch nach einem öffentlichen Aufschrei und nach Zweifeln an der praktischen Umsetzbarkeit ließ sie den Plan rasch wieder fallen. Stattdessen verkündete die Regierung andere Notmaßnahmen: Wenn die Grenzwerte bei der Luftverschmutzung überschritten werden, sollen alle private Autofahrten untersagt, Kindergärten und Schulen geschlossen und die Heizungen in öffentlichen Gebäuden abgeschaltet werden können.
Außerdem rät die Regierung älteren Bürgern, Kindern sowie Menschen mit Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen, ihre Behausung möglichst nicht zu verlassen. Über Radio und Fernsehen werden die Bürger aufgerufen, kein Holz zu verbrennen. "Ach, wie schön. Kann Herr Samaras uns sagen, wie wir unsere Kinderzimmer heizen sollen?", fragten daraufhin Menschen aus Piräus' Armenviertel Keratsini im Fernsehen.
Forscher warnen vor langfristigen Folgen
Wissenschaftler warnen vor den drastischen Konsequenzen des Smog, vor allem wegen des krebserregenden Feinstaubs in der Luft. "Die Folgen werden sich in einigen Jahren zeigen", so der Krebsforscher Ioannis Pandis und der Gesundheitswissenschaftler Alexis Benos, beide von der Aristoteles-Universität in Thessaloniki.
Für ein 13-jähriges Mädchen aus Thessaloniki hatte die Heizungskrise bereits tödliche Folgen. Sie starb an den Abgasen eines defekten Kohleofens. Das Mädchen lebte mit ihrer arbeitslosen Mutter zusammen. Wegen nicht bezahlter Rechnungen war den beiden der Strom abgestellt worden - weshalb sie den Ofen zum Heizen nutzten.