Abkommen mit Australien Briten schließen ersten Handelsvertrag seit Brexit

Die Briten setzen den Abnabelungsprozess von der EU fort. Jetzt unterschrieb das Empire mit seiner einstigen Strafkolonie Australien einen Handelsvertrag.
Westminster Bridge in London: »Blaupause« für weitere Verträge

Westminster Bridge in London: »Blaupause« für weitere Verträge

Foto: TOBY MELVILLE / REUTERS

Großbritannien hat erstmals seit dem Brexit ein völlig neu ausgehandeltes Handelsabkommen abgeschlossen. Der Freihandelsvertrag mit Australien werde fast alle Zölle auf britische Exporte in das Land aufheben und 10,4 Milliarden Pfund (12,2 Milliarden Euro) an zusätzlichem Handelsvolumen ermöglichen, teilte die britische Regierung am Freitag mit. Handelsministerin Anne-Marie Trevelyan sprach in der BBC von einem Meilenstein. Auch Australien zeigte sich begeistert. Es handle sich um einen wahrhaft historischen Deal, sagte Handelsminister Dan Tehan.

Der britische Premierminister Boris Johnson hatte sich mit seinem australischen Kollegen Scott Morrison bereits im Juni grundsätzlich auf den Deal geeinigt. Die Vereinbarung streicht Zölle auf fast alle australischen Exporte ins Vereinigte Königreich. Erwartet wird Rückenwind für australische Produkte wie Wein, Fleisch und Zucker, die vom wichtigen Handelspartner China boykottiert werden. Zudem sind Erleichterungen für Bürger vorgesehen, die im jeweils anderen Land leben und arbeiten wollen.

Kritiker werfen der britischen Regierung vor, das Abkommen bevorzuge Australien und schwäche britische Landwirte durch billige Fleischimporte. Ministerin Trevelyan wies dies in der BBC zurück. Es gebe eindeutige Quotenregelungen in den kommenden Jahren, sagte sie. Der Deal diene als »Blaupause« für Verträge mit anderen Ländern. Die Kommentatoren der BBC zeigen sich jedoch nicht restlos überzeugt: »Das Vereinigte Königreich hat Australien beim Zugang zum britischen Agrarmarkt fast alles gegeben, was es wollte. Anderen großen Volkswirtschaften wird das nicht entgehen, und sie werden ähnlichen Zugang fordern.« Zudem fehle ein Bekenntnis zur Einhaltung der Klimaziele von Paris.

Die britische Regierung betont, ein Vorteil des Brexits sei, dass sie nun wieder unabhängige Handelsverträge schließen könne, ohne an strenge EU-Vorschriften gebunden zu sein. Der Handel zwischen Großbritannien und Australien belief sich im Jahr 2020 auf 13,9 Milliarden Pfund, was nur knapp über einem Prozent des gesamten britischen Handelsvolumens ausmacht. Während das Abkommen mit dem weit entfernten Verbündeten als leicht erreichbar angesehen wurde, gelten die Verhandlungen mit den wirtschaftlich ungleich wichtigeren USA als deutlich schwieriger. Washington hat bislang keine konkreten Zusagen für eine Stärkung der wirtschaftlichen Beziehungen mit London gemacht.

London führt derzeit noch Gespräche mit Indien und hat Anfang Oktober die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den sechs arabischen Golfstaaten aufgenommen.

mik/dpa-AFX
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