Großinvestor Abu Dhabi Petrodollar für Elektroautos

Kauffreudig, reich, verschwiegen - das Emirat Abu Dhabi geht auf Shopping-Tour im Westen, jetzt steigt der Fonds Aabar bei Daimler ein. Der Investor gehört zu einem komplexen Geflecht staatlicher und halbstaatlicher Firmen. Wer sind die neuen Großaktionäre des Autokonzerns, und was treibt sie an?

Dubai - Auf diese Nachricht hatte die Börse offenbar gewartet: Nachdem bekannt wurde, dass sich das Emirat Abu Dhabi mit 9,1 Prozent an Daimler beteiligt, schoss der Kurs der Autoaktie zunächst in die Höhe. Der Einstieg der Scheichs stabilisiert nach Ansicht von Experten den von der Absatzkrise gezeichneten Stuttgarter Hersteller. Mit dem arabischen Staatsfonds Aabar hat Daimler demnach einen langfristig orientierten strategischen Investor gefunden.

Abu-Dhabi-Herrscher Scheich Sajid al-Nahjan: Große Namen und langfristige Investments

Abu-Dhabi-Herrscher Scheich Sajid al-Nahjan: Große Namen und langfristige Investments

Foto: AP

Doch so weltberühmt der eine Partner - die Daimler AG - ist, so wenig weiß man über Aabar, den neuen Großinvestor. Die Firma gehört zu einem schwer überschaubaren Geflecht von staatlichen und halbstaatlichen Investment-Vehikeln, mit denen die Scheichs von Abu Dhabi ihre Petrodollar mehren wollen.

Vor drei Jahren wurde Aabar - auf deutsch: "die Brunnen" - von einem anderen, größeren Staatsfonds gegründet: Mubadala, zu deutsch: "der Austausch". Mubadala, der zweitgrößte Investment-Arm von Abu Dhabi, ist breit gefächert und hat in Energie-, Telekom-, Immobilien- und Medienunternehmen investiert.

Aabar startete zunächst als Energiefonds, seine Mitarbeiter melden sich bis heute unter dem Namen "Aabar Petroleum" am Telefon. Nach und nach hat das Unternehmen sich dann aber auf Finanzdienstleistungen verlegt, Mitte März erwarb Aabar für rund 50 Millionen Euro Anleihen an der europäischen Bankengruppe Unicredit  .

Aabar wiederum wird vom Staatsfonds IPIC (International Petroleum Investment Company) kontrolliert. Diese Firma machte Ende vergangenen Jahres Schlagzeilen, als sie dem deutschen MAN-Konzern den Anlagenbauer Ferrostaal abkaufte. MAN feierte die Übernahme als großen Erfolg, die Scheichs in Abu Dhabi freuten sich nicht minder: Beobachtern zufolge haben sie das deutsche Traditionsunternehmen für etwa 500 Millionen Dollar ziemlich günstig bekommen.

Und auch beim Daimler-Deal zieht IPIC die Strippen. "Aabar tritt in dem Geschäft als Teil der IPIC auf", sagt Eckart Woertz, Chefökonom des Gulf Research Center in Dubai. IPIC gewinne damit zunehmend an Profil als strategischer Arm der Regierung von Abu Dhabi für Investitionen bei Energie- und Industrieprojekten.

"Wir sind kein Hedgefonds"

IPIC-Chef Chadim al-Kubaissi, gleichzeitig Direktor von Aabar, hat also Erfahrung im Umgang mit den Deutschen und kennt offenbar ihre Sorgen. "Wir sind kein Hedgefonds", sagte er, bevor er den Kaufvertrag mit Ferrostaal unterschrieb. "Wir sind das genaue Gegenteil davon." Seine Firma habe, seit sie in Europa investiere, keinen ihrer Anteile wieder abgestoßen.

Das letzte Wort bei großen internationalen Geschäften wie jetzt mit Daimler hat aber der Kronprinz von Abu Dhabi, Scheich Mohammed Bin Sajid al-Nahjan. Er steuert sein Emirat - das kleiner ist als Bayern, aber mehr Öl besitzt als Russland - durch die Weltwirtschaftskrise und empfängt derzeit fast täglich klamme Firmenchefs aus dem Westen.

Auch Politiker mit wirtschaftlichen Sorgen suchen immer wieder seinen Rat; vor vierzehn Tagen machte ihm der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff seine Aufwartung. Schon Anfang Februar soll Daimler-Chef Dieter Zetsche bei ihm gewesen sein.

Fußball, Ferrari, und Kunst

Das Image, das sich die Herrscherfamilie der Nahjan über die vergangenen Jahre erworben hat, ließe sich in zwei Sätzen zusammenfassen: Wir setzen auf große Namen. Und: Wir sind solide Investoren und denken in langfristigen Projekten.

Zu dieser Strategie passen die Übernahme von Ferrostaal und jetzt auch der jüngste Deal mit Daimler. Bevor sie mit den Stuttgartern einig wurden, haben die Scheichs in Maranello, in New York, Paris und Manchester eingekauft, die Namen ihrer Partner gehören alle in die Daimler-Kategorie: Ferrari, der Louvre und das Guggenheim-Museum - sowie zuletzt der Fußballclub Manchester City.

Abschied vom Erdöl

"Nach den Erfahrungen mit seinem anderen Investor vom Golf hat Daimler eine gute Entscheidung getroffen: Die Kuwait Investment Authority hält seit über 30 Jahren Anteile an den Unternehmen und ist mit ihm durch gute und schlechte Zeiten gegangen. Einen treueren Anteilseigner kann man sich schwer vorstellen", so Ökonom Woertz.

Und auch Abu Dhabi profitiert. Das Scheichtum möchte vom reinen Erdöl-Exporteur zu einem Industrieproduzenten werden: Mit Ferrostaal will das Emirat eine Chemiefabrik bauen; in Thüringen hat es in Solar- und Halbleiter-Fabriken investiert; mit Daimler denkt man an die Produktion von Elektroautos.

Das Erdöl wird nicht mehr ewig sprudeln und Gewinne abwerfen. Das haben die Scheichs verstanden. Für sie wird es höchste Zeit, zu diversifizieren. Denn so günstig wie jetzt sind die großen Namen wohl nicht mehr lange zu haben.

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