Grünen-Expertin
Höhere Neuverschuldung durch Maut-Verschiebung
Wegen den Verzögerungen beim Start der Lkw-Maut muß der Staat laut Grünen-Haushaltsexpertin Antje Hermenau mehr Schulden aufnehmen und
wichtige Verkehrsprojekte verschieben. Die Grünen erwarten Ausfälle in Höhe von bis zu 720 Millionen Euro - die soll die Industrie mittragen.
Berlin - Wenn die Maut nicht Anfang November, sondern tatsächlich
erst zum Jahreswechsel eingeführt werde, müsse der Bund die
entsprechenden Einnahmeausfälle in Höhe von 700 Millionen Euro
durch eine höhere Neuverschuldung in diesem Jahr ausgleichen,
sagte Hermenau der "Berliner Zeitung". Es sei
"höchst ärgerlich", in neue Schulden auszuweichen, eine
derartige Summe lasse sich aber nicht durch kurzfristige
Einsparungen decken.
Der Grünen-Verkehrsexperte Albert Schmidt erwartet Ausfälle
von bis zu 720 Millionen Euro. Diese Einbußen müssten vom
Betreiberkonsortium mitgetragen werden, forderte Schmidt im
"Deutschlandfunk". "Von daher erwarte ich in der Tat, dass bei den
anstehenden Verhandlungen zwischen dem Bundesverkehrsminister
und dem Industriekonsortium TollCollect die Haftungsfrage mit
allem Nachdruck auf den Tisch gelegt wird und auch beantwortet
werden muss. Meines Erachtens ist hier nicht nur die Frage einer
Vertragsstrafe angebracht, sondern auch die Frage des
Schadenersatzes im Sinne von Haftung", sagte Schmidt.
Nach den
geltenden Verträgen sei nach einer Karenzzeit von drei Monaten
eine Vertragsstrafe vorgesehen, die etwa bei 7,5 Millionen Euro
pro Monat liegen dürfte. Diese Summe sei bei Gesamtausfällen von
160 Millionen Euro pro Monat "mit Sicherheit sehr bescheiden".
Die Vertragsausgestaltung sei aber nicht Minister Manfred Stolpe
anzulasten, sondern dessen Vorgänger Kurt Bodewig (beide SPD).
Schmidt warf dem Konsortium aus Deutscher Telekom,
DaimlerChrysler und der französischen Cofiroute vor, einen wichtigen Exportmarkt der Zukunft in Europa
"vergeigt" zu haben. "Das wird über kurz oder lang börsenwirksam
werden."
Das Bundesverkehrsministerium erwartet zum Starttermin der
Lkw-Maut in dieser Woche eine Vorentscheidung und Anfang Oktober
endgültige Klarheit. Bis dahin sollen die Erkenntnisse aus der
entscheidenden Phase des Probebetriebs vorliegen, in der ab
Freitag erstmals das Gesamtsystem getestet werden soll.
Laut
Vereinbarung mit dem Betreiberkonsortium TollCollect könne das
System nicht wie geplant am 2. November in Betrieb gehen, wenn
diese Probephase nicht am Freitag starte. Das Konsortium hat
bedeutende technische Probleme eingeräumt, aber den Beginn der
Tests bestätigt. Stolpe hat nicht ausgeschlossen, dass der Start
der Maut über den 2. November hinaus verschoben werden könnte.