Max Grundig hat einen neuen Dreh gefunden, wie er der harten Konkurrenz aus Japan im Videogeschäft wirkungsvoller begegnen kann als bisher. Neben seiner noch längst nicht voll ausgelasteten Fabrik in Nürnberg will er nun ein weiteres Werk aufbauen, in dem sowohl Videorecorder mit V-2000-Technik als auch nach der japanischen VHS-Norm von den Bändern laufen sollen. In der Endphase sollen in dem Werk rund 5000 Menschen beschäftigt werden - allesamt Türken: Die Fabrik wird in Istanbul entstehen, wo niedrige Löhne und politische Verhältnisse gleichermaßen gefallen. Mit dieser Entscheidung, die Grundig letzte Woche in der Türkei traf, widerruft er ein Versprechen: Ausgerechnet mit dem Argument, Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern, hatten Grundig und sein Partner Philips dafür gesorgt, daß die Japaner und ihre billigen Elektronikgeräte aus Europa ferngehalten wurden. Vor allem auf Druck der Deutschen hatte die Brüsseler EG-Kommission die Japaner zu einem Selbstbeschränkungsabkommen gedrängt. Das Abkommen sollte es dem Gespann Philips/Grundig ermöglichen, 1983 mindestens 1,2 Millionen Videorecorder zu kostendeckenden Preisen in Europa zu verkaufen. Das Exportlimit traf aber nicht nur die Japaner. Europäische Konzerne wie Bosch, Thomson-Brandt oder Thorn-EMI, die VHS-Recorder in Europa zusammenbauen und auf Teilelieferungen aus Japan angewiesen sind, können nicht soviel produzieren wie geplant. Grundig und sein Partner Philips dagegen werden in diesem Jahr mangels Nachfrage wahrscheinlich nicht einmal die ihnen erlaubten 1,2 Millionen Recorder verkaufen können.
Zur Ausgabe
Artikel 35 / 83
Zur Ausgabe
Artikel 35 / 83