Unternehmer Häufig daneben
Auf Rollskiern und Skateboards stürzen sie sich, angefeuert von heißer Rockmusik, steile Geröllhalden hinab, in greller Radlerkluft jagen sie über Stock und Stein, in hautengen Glitzerhosen hangeln sie sich eine Steinmauer hinauf - Jugendliche beiderlei Geschlechts, adrett und muskulös, in halsbrecherischem Einsatz.
Die waghalsigen Akrobatiknummern sind die Hauptattraktion des jüngsten Willy-Bogner-Films »Feuer, Eis und Dynamit«, und sie verfolgen vor allem einen Zweck - Namen und Produkte des Filmemachers einem jugendlichen Publikum bekannt zu machen.
Das tut auch bitter not. Denn im Hauptberuf ist Willy Bogner, 49, Unternehmer - und in dieser Rolle ist der Tausendsassa nicht annähernd so erfolgreich wie als Ski-Filmer und einst als Rennläufer.
Eine Million Zuschauer haben das Filmspektakel seit Oktober gesehen. Die Produktionskosten, immerhin 20 Millionen Mark, hat sich Bogner - clever, clever - zu einem gewichtigen Teil von der Industrie finanzieren lassen, im Gegenzug setzte er dafür deren Produkte ebenso auffällig in Szene wie seine eigenen.
Für das Unternehmen des einstigen Olympiateilnehmers (1960 und 1964) zahlt sich der Einsatz im Filmgeschäft bisher nicht aus. Der Umsatz seiner Modefirma stagniert, und das schon seit Jahren. In der gleichen Zeit expandierten deutsche Bekleidungsfirmen wie Escada, Boss oder Steilmann mit zumeist zweistelligen Zuwachsraten. Marktführer Steilmann setzt bereits 1,5 Milliarden Mark um.
Bogner bringt es auf magere 237 Millionen. »Wer unser Unternehmen nicht näher kennt«, räumt der Firmenchef freimütig ein, »meint immer, daß wir mindestens 500 Millionen Mark Umsatz pro Jahr machen.«
Etwas Wachstum brachte nur die 1985 eingeführte hauseigene Kosmetikserie. Hautcremes und Badegels bescheren dem Bogner-Clan inzwischen Einnahmen von rund 35 Millionen Mark pro Jahr.
Besonders anstrengen mußte sich der Bogner-Boß für den Erfolg im Kosmetikgeschäft nicht. Produktion und Vertrieb besorgt der Kooperationspartner Lancaster.
Zeit und Kraft, die Bogner zum Wohle seines Unternehmens einsetzen kann, sind aber ohnehin begrenzt. An seinem neuen Film hat er sieben Monate gearbeitet. Danach, gesteht er reumütig, »muß ich die Dinge wieder einholen, um die ich mich weniger kümmern konnte«.
Die Folgen der häufigen Fehlzeiten lassen sich in den rund 40 Bogner-Geschäften im In- und Ausland beobachten. Die Jacken, Blusen oder Hosen, von Ehefrau Sonia entworfen, gelten als allzu bieder, sie locken zumeist nur Kundinnen jenseits der 50; jüngere Frauen machen um die braven Bogner-Boutiquen einen großen Bogen.
Die meisten von ihnen könnten sich die teuren Modelle auch gar nicht leisten. Schlichte Beinkleider kosten bis zu 500 Mark, Röcke und Blusen sind kaum billiger zu haben.
Selbst in der Skimode, Bogners Stammgeschäft, liegen die Bayern häufig daneben. Statt auf die heute wieder begehrten Klassiker aus den fünfziger Jahren zu setzen, überladen die Münchner ihre Skianzüge mit Gold, Glitter und aufwendigen Applikationen.
Tragen können die kunterbunten Kälteschützer ohnehin nur Unternehmerfrauen oder gutverdienende Freiberuflerinnen. Die auffälligen Overalls kosten in der Regel zwischen zwei- und dreieinhalbtausend Mark.
Nun wollen die Bogner-Manager ihren Kundenstamm erweitern. Eine neue preisgünstige Sport- und Freizeitkollektion, passend zum Film »Fire & Ice« genannt, zielt auf jüngeres Publikum.
Die Münchner Modemacher haben allerdings etwas Schwierigkeiten, sich auf die jugendliche Zielgruppe einzustellen. Sie bleichten ihre Jeans, ganz gegen den Trend, nur an Schenkeln und am Gesäß.
Künftig aber will sich Bogner doch lieber stärker auf erfahrene Kooperationspartner verlassen. Die sollen verwirklichen helfen, was dem Hans-Dampf-auf-allen-Pisten bisher nicht gelungen ist: den bekannten Namen Bogner endlich auch zu einer erfolgreichen Marke zu machen.
Zwei Spezialisten konnte der Münchner Familienunternehmer bereits verpflichten. Die Lederfirma Aigner produziert und vertreibt Schuhe und Taschen für Bogner. Passende Brillengestelle kommen von der bayerischen Optikfirma Eschenbach.
Doch Kooperationen, das hat Bogner eben erst erfahren, sind aber noch keine Garantie für einen unternehmerischen Erfolg. Zum Start seines Films vor vier Monaten brachte der Firmenchef mit Hilfe des VW-Konzerns einen Spezial-Golf mit Bogner-Innenausstattung auf den Markt. Statt der geplanten 15 000 Stück liefen allerdings nur 8000 vom Band.