Hauptversammlung Hypo Real Estate braucht noch mehr Geld
München - Der Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) wird wohl weiterhin am Tropf des Staates hängen. Sein Haus werde "auf absehbare Zeit von der Verfügbarkeit entsprechender Liquiditätshilfen abhängig sein", sagte HRE-Chef Axel Wieandt auf der Hauptversammlung der weitgehend verstaatlichten Bank am Donnerstag. "Wir gehen nicht davon aus, dass wir vor 2012 wieder in die Gewinnzone zurückkehren können. Deshalb braucht die Gesellschaft weitere Kapitalunterstützung".

HRE-Chef Wieandt: Rückkehr in die Gewinnzone nicht vor 2012
Foto: ddpDie Höhe des zusätzlichen Kapitalbedarfs sei allerdings noch nicht abzuschätzen, sagte Wieandt weiter. Sie hänge von verschiedenen Faktoren ab wie einer Einigung mit dem Bankenstützungsfonds Soffin über die angestrebte Eigenkapitalquote, EU-Vorgaben, der Entwicklung des Immobilienfinanzierungsgeschäfts und dem Abbau des eigenen Portfolios mit riskanten Krediten und Wertpapieren.
Wichtigster Teil seines Sanierungsprogramms ist eine drastische Verkleinerung des Konzerns mit dem Abbau von Arbeitsplätzen und der Schließung von Standorten. "Unsere Maßnahmen haben die HRE schon jetzt deutlich schlagkräftiger gemacht", sagte er. Bislang seien 15 Standorte des Konzerns geschlossen worden, weitere sieben sollen im Laufe des Jahres folgen.
Immobilienbank in Not
Die Hypo Real Estate ist ein vergleichsweise junges Unternehmen. Sie ist erst im Jahr 2003 entstanden, als die HypoVereinsbank ihr gewerbliches Immobilienfinanzierungsgeschäft abgespaltet hat. Im Oktober 2003 ging die Hypo Real Estate an die Börse und schaffte es dort gut zwei Jahre später in den Dax. Später stieg das Unternehmen zunächst in den MDax ab, seit der Verstaatlichung ist es an der Börse nicht mehr notiert.
Von sich reden machte die Hypo Real Estate, als sie die in Irland angesiedelte Depfa Bank für 5,7 Milliarden Euro schluckte. Durch die Übernahme wollten die Münchner Zugang zu staatlichen Projekten bekommen, auf welche die Depfa weltweit spezialisiert ist. Im Visier waren unter anderem die Finanzierung großer Projekte wie Bürogebäude, Flughäfen, Brücken oder Kliniken. Angesichts klammer Kassen bei Bund, Ländern und Gemeinden galt dies als vielversprechendes Geschäftsmodell.
Dann ging es mit dem Unternehmen jedoch steil bergab: Im
Jahr 2008 fiel der Vorsteuergewinn wegen der Finanzkrise und der Übernahme der Depfa von 1,06 Milliarden Euro auf 862 Millionen Euro. Unterm Strich ging das Ergebnis von 542 auf 457 Millionen Euro zurück.
Auch der Aktienkurs litt unter den Problemen. Nach gut 57 Euro im
Jahr 2006 sackte das Papier auf nur noch knapp 13,50 Euro ab. Den vermeintlich günstigen Kurs nutzte der US-Investor Christopher Flowers und stieg bei der Hypo Real Estate ein. Zuletzt
hielt er gut 24 Prozent an der HRE.
In den Jahren 2008 und 2009 wurde die HRE zu dem Symbol für die Finanzkrise in Deutschland. Der Immobilienfinanzierer musste mit Hilfen von mehr als 100 Milliarden Euro gerettet worden, die großteils vom Staat kamen. Begründet wurde dies damit, dass die HRE eine systemrelevante Bank sei - ihr Untergang hätte also andere Finanzinstitute und damit womöglich die gesamte Volkswirtschaft mit nach unten gerissen. Aus diesem Grund betrieb der Bund über seinen Bankenrettungsfonds Soffin die Verstaatlichung der HRE. Im Jahr 2009 wurde tatsächlich der letzte private Aktionär aus dem Unternehmen gedrängt, seitdem ist der Soffin der Alleinaktionär der HRE.
Die umstrittene Verstaatlichung des Konzerns verteidigte Wieandt: "Vorstand und Aufsichtsrat sind unverändert der Auffassung, dass es keine realistische Alternative zur Beteiligung des Bundes an der HRE gab und gibt", sagte er. Durch die staatlichen Hilfen sei die HRE nach ihrer Existenz bedrohenden Krise im vergangenen Jahr stabilisiert worden.
Der Bund hatte die Verstaatlichung bei einer außerordentlichen Hauptversammlung im Juni gegen den Willen vieler Aktionäre auf den Weg gebracht und sich dafür massive Kritik eingehandelt. Inzwischen hält der Bund mehr als 90 Prozent an der HRE und will die letzten Aktionäre gegen eine Abfindung aus dem Unternehmen drängen. Der sogenannte Squeeze-out soll auf einer außerordentlichen Hauptversammlung im Herbst beschlossen werden. Der Bund hält die Bank bislang mit rund hundert Milliarden Euro künstlich am Leben.
Der scheidende Aufsichtsratschef Michael Endres sagte, die Überprüfung der Geschäfte des früheren Vorstands habe inzwischen "deutliche Hinweise auf Pflichtverletzungen ergeben". Die Prüfung sei allerdings noch nicht abgeschlossen. Auch der jetzige Vorstand will eine Sonderprüfung von Vorstandshandlungen, die die HRE in die Krise stürzten, von der Hauptversammlung anstoßen lassen. Zudem werde bereits die mögliche Verantwortung des früheren Aufsichtsrats ermittelt, sagte Vorstandschef Wieandt.
Aktionärsschützern gehen die Anstrengungen jedoch noch nicht weit genug. "Eine Sonderprüfung darf nicht eine kurzfristige Beruhigungspille für die Aktionäre sein", sagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Die Vorgänge bei dem Unternehmen, das inzwischen dem Bund gehört, müssten bis ins letzte Detail aufgearbeitet und veröffentlicht werden. Auch die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger warnte vor einem Schaulauf.