Haushalt Merkel erhebt Schuldenabbau zur Schicksalsfrage

Die designierte Bundeskanzlerin Angela Merkel räumt der Konsolidierung des Haushalts höchste Priorität ein. Auf dem Arbeitgebertag in Berlin erhob sie die Aufgabe zur Schicksalsfrage für die gesamte Nation.

Berlin - Die Beseitigung des Defizits sei nicht allein den Vorgaben des Europäischen Stabilitätspakts geschuldet, sagte Merkel. Vielmehr dürfe man Wachstum nicht mehr auf Kosten kommender Generationen schaffen. Nötig sei ein Dreiklang aus "sparen, reformieren und investieren".

Merkel bestätigte die Marschrichtung, die bereits die Unterhändler der Verhandlungsgruppe Finanzen, Peer Steinbrück und Roland Koch; skizziert hatten: die geplante Große Koalition werden in den nächsten Monaten 35 Milliarden Euro einsparen müssen. Selbst diese Zahl beruhe noch auf einem optimistischen Szenario: dass das Wachstum 1,8 Prozent betrage und 200.000 neue sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse entstünden.

Merkel sagte weiter, man müsse sich konzentrieren auf Maßnahmen, die kein Geld kosten. Hierzu zählten Bürokratieabbau und - "soweit möglich" - mehr Flexibilisierung am Arbeitsmarkt. Beim Bürokratieabbau bat sie die Arbeitgeber um Mithilfe, denn oft stünden Interessen einzelner Gruppen dem Bürokratieabbau im Wege.

EU-Regeln eins zu eins umsetzen

Merkel gab außerdem als Ziel ihrer Regierung aus, dass EU-Regeln eins zu eins umgesetzt würden, anstatt von deutscher Seite noch etwas draufzusatteln. Als Beispiel nannte sie den Streit mit der rot-grünen Bundesregierung um das Antidiskriminierungsgesetz.

Die CDU-Chefin sprach sich erneut dafür aus, betriebliche Bündnisse zu erleichtern. Dies werde noch ein Streitpunkt bei den Gesprächen werden. Sie räumte zugleich ein, dass sie in diesem Punkt das Wahlprogramm der Union nicht vollends werde durchsetzen können.

Merkel versprach, eine Große Koalition werde bei der Erbschaftsteuer die Regelung des Jobgipfels umsetzen, bei Fortführung eines Betriebs die Steuer stufenweise zu erlassen. Eine einheitliche Unternehmensbesteuerung sei für 2008 geplant.

Die CDU-Chefin versprach, Union und SPD hätten ungeachtet der Geschehnisse dieser Woche den festen Willen, aus dieser Konstellation etwas zu machen. Als positiv wertete sie, dass man sich mit den Sozialdemokraten in der Problemanalyse weitgehend einig sei.

Gespräch mit EU-Währungskommissar

Am Nachmittag will Merkel und der designierte Finanzminister Peer Steinbrück mit EU-Währungskommissar Joaquin Almunia zusammentreffen. Merkel und Steinbrück wollten Almunia von der Ernsthaftigkeit der deutschen Sparbemühungen überzeugen, bis 2007 wieder die Vorgaben des europäischen Stabilitätspakts einzuhalten.

Es steht aber noch nicht fest, ob die EU-Kommission Deutschland tatsächlich noch zwei Jahre Zeit einräumt oder bereits 2006 wieder eine Neuverschuldung von unter drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes verlangt. Aller Voraussicht nach wird die Kommission erst im Dezember und damit nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen in Deutschland entscheiden, wie sie mit Deutschland umgehen möchte. Grundlage dafür werden die Wachstumsprognose der EU und die deutschen Finanzpläne sein.

Als wahrscheinlich gilt, dass die Kommission eine Verschärfung des derzeit ruhenden Defizitverfahrens auf Sanktionen hin vorschlägt. Der Vorsitzende der Euro-Gruppe der Finanzminister, Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker, hat sich aber bereits dafür ausgesprochen, Deutschland noch bis 2007 Zeit zum Senken der Neuverschuldung unter drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu geben. Die Kommission dürfte dieser Linie voraussichtlich folgen.

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