Boom wegen Corona Fressnapf will 400 neue Filialen eröffnen

Da machen die Gewinne Männchen: Das Geschäft mit Haustieren läuft blendend, Fressnapf will binnen drei Jahren gewaltig expandieren – und bekommt wohl beißwütige Konkurrenz von Rewe.
Foto: Federico Gambarini/ dpa

Viele Menschen haben sich in der Pandemie Hunde oder Katzen zugelegt. Das ist nicht nur süß, sondern auch ein gutes Geschäft: So genannte Heimtierbedarfsketten wie Fressnapf, Zooplus und Futterhaus profitieren davon und glänzten 2021 mit zweistelligen Wachstumsraten.

Dass mit Tierliebe so viel Geld zu verdienen ist, sorgt jetzt für Bewegung in der Branche. Finanzinvestoren kaufen sich mit Milliardenbeträgen ein. Und auch der Handelsriese Rewe hat möglicherweise noch etwas auf dem lukrativen Markt vor.

Welche Wachstumsraten im Heimtiermarkt aktuell möglich sind, zeigt Marktführer Fressnapf. Ihm gelang im zweiten Coronajahr das größte Umsatzwachstum der Firmengeschichte. Europaweit steigerte das Unternehmen seinen Umsatz um 19,8 Prozent auf 3,17 Milliarden Euro. Das Online-Geschäft wuchs um mehr als 54 Prozent auf 245 Millionen Euro.

Auch für die Zukunft hat Firmengründer und -Eigentümer Torsten Toeller ehrgeizige Pläne. »Wir wollen die Marktführerschaft nicht nur verteidigen, sondern auch ausbauen«, sagt er. In den nächsten drei Jahren sollen europaweit rund 400 neue Läden eröffnen.

Außerdem will die Kette ihr Online-Standbein weiter stärken. »Das Riesenwachstum der letzten zwei Jahre wird natürlich nicht so weitergehen. Die Kunden schaffen sich nicht jedes Jahr neue Tiere an«, betont Toeller. Aber Fressnapf werde auf Wachstumskurs bleiben.

Einfach wird ihm das die Konkurrenz aber nicht machen, das weiß Toeller. »Es sind neue Wettbewerber unterwegs, die tiefe Taschen haben. Sie wollen ein Stück vom Kuchen.« Schwach ist bei Fressnapf vor allem noch das Online-Geschäft, hier sind andere deutlich stärker.

Der reine Onlineanbieter Zooplus prognostizierte zuletzt für 2021 einen Umsatz von über 2 Milliarden Euro – achtmal so viel wie der E-Commerce-Umsatz von Fressnapf. Das macht Zooplus zum vielleicht gefährlichsten Herausforderer von Fressnapf, und diese Gefahr dürfte eher noch größer werden. Denn Zooplus hat neue finanzstarke Besitzer – den US-Finanzinvestor Hellman & Friedman und dessen schwedischen Partner EQT.

ZooRoyal bald mit eigenem Laden?

Sie haben im Januar die milliardenschwere Übernahme von Zooplus abgeschlossen und das Unternehmen von der Börse genommen. Bei Zooplus plant man nun ein heftiges Wachstum. Mit substanziellen Investitionen würden es die neuen Eigentümer dem Unternehmen ermöglichen, »die wachsende und sich schnell entwickelnde europäische Heimtierkategorie langfristig zu gewinnen«, beschrieb die Zooplus-Führung die Ziele der Investoren.

Doch nicht nur internationale Investoren haben angesichts der Wachstumsraten auf dem Heimtiermarkt die Witterung aufgenommen. Der deutsche Handelsriese Rewe spielt offenbar mit dem Gedanken, aus der Tierliebe Profit zu schlagen. Schon heute betreibt Rewe mit ZooRoyal einen der größten deutschen Onlineanbieter für Tierbedarf. Und es scheint nur noch eine Frage der Zeit, bis der Konzern unter der gleichen Marke seinen ersten Laden eröffnet. Auf seiner Website sucht der Handelsriese jedenfalls derzeit nach Fachverkäufern für Zoobedarf für »den ersten stationären ZooRoyal Tierfachmarkt« in Norderstedt bei Hamburg.

Der Fressnapf-Rivale Futterhaus will ebenfalls Neues wagen. Bislang setzte Futterhaus ganz auf das stationäre Geschäft und war damit durchaus erfolgreich. Die Umsätze in den 406 Märkten der Kette in Deutschland und Österreich stiegen im vergangenen Jahr um 15,2 Prozent auf 521 Millionen Euro. Künftig will Futterhaus online mitspielen. »In den vergangenen Monaten haben wir einen Fahrplan ausgearbeitet, der unseren Weg ins digitale Geschäft vorsieht«, kündigte Geschäftsführer Kristof Eggerstedt kürzlich an.

Fast 35 Millionen Haustiere im ersten Coronajahr

Der Kampf um den lukrativen Markt hat gerade erst begonnen, es geht um ein Milliardengeschäft. Nach Angaben des Industrieverbandes Heimtierbedarf erhöhte sich die Zahl der Haustiere – Hunde, Katzen, Kleinsäuger und Ziervögel – im ersten Coronajahr 2020 um fast eine Million auf insgesamt 34,9 Millionen. Das beliebteste Haustier blieb mit 15,7 Millionen Exemplaren die Katze. Hinzu kamen 10,7 Millionen Hunde, fünf Millionen Kaninchen, Meerschweinchen, Hamster und Mäuse sowie 3,5 Millionen Ziervögel – außerdem ungezählte Tiere in Aquarien, Terrarien und Gartenteichen.

Fressnapf-Chef Toeller will im Kampf um die Gunst der Kunden vor allem mit der Verknüpfung von Online- und Offline-Angeboten und dem Ausbau des Serviceangebots punkten – vom Tierarzt über den Hundefriseur bis zum Tierhotel. Für ihn steht fest: »Der Wettbewerb in der Branche wird leider nicht weniger. Ganz im Gegenteil.«

mamk/dpa-AFX

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