Gesetzentwurf Regierung einigt sich auf Regeln und Ausnahmen für Heizungsaustausch ab 2024

Schornsteine bei kaltem Wetter: Guck mal, was da heizt
Foto: Matthias Balk / dpaMieter sollen beim Einbau einer Wärmepumpe vor hohen Stromkosten geschützt werden: Die Bundesregierung hat sich auf letzte Details und einige Entschärfungen beim umstrittenen Gesetz zum Einbau klimafreundlicher Heizungen verständigt. Neue Heizungen müssen danach mit wenigen Ausnahmen ab 2024 mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden, heißt es im Gesetzentwurf, der am Mittwoch im Kabinett beschlossen werden soll und der dem SPIEGEL vorliegt.
Dies gilt sowohl in Neubauten wie auch beim Ersatz defekter Heizungen im Altbau. Eigentümer müssen dies nachweisen. Als Alternative ist möglich, dass das Haus an ein Fernwärmenetz angeschlossen wird oder mit einer Wärmepumpe, einer Stromheizung oder einer Solarthermieanlage ausgerüstet wird. Während auch der Einsatz von Wasserstoff möglich sein soll, gilt dies für Biomasse oder Biomethan nur in Bestandsgebäuden.
Für über 80-jährige Eigentümer entfällt die Austauschpflicht in vielen Fällen
In einigen Sonder- und Härtefällen soll es Ausnahmen geben: Dies gilt etwa bei Havarien von Gas- oder Ölheizungen, wenn ein Anschluss an ein Wärmenetz geplant ist, aber nicht unmittelbar bevorsteht. Auch Etagenheizungen und Ofenheizungen können zeitweise konventionell weiterbetrieben werden. In diesen Fällen soll es eine Übergangsfrist von mindestens zehn Jahren geben.
Für über 80-jährige Eigentümer entfällt die Austauschpflicht, sofern sie in Gebäuden mit nicht mehr als sechs Wohneinheiten leben. »Die 65-Prozent-Vorgabe für neue Heizungen gilt ab 1. Januar 2024 daher vor allem für einen geplanten Heizungsaustausch, bei dem die Heizung noch nicht kaputtgegangen ist«, heißt es im Gesetzentwurf.
Um vor allem ärmere Bürger nicht zu überfordern, soll es finanzielle Hilfen geben. In einer Pressekonferenz, in der Wirtschaftsminister Habeck am späten Mittwochvormittag die Pläne vorstellte, erläuterte er, dass Bezieher von Sozialtransferleistungen wie Kinderzuschlag oder Bürgergeld vom Gebäudeenergiegesetz ausgenommen werden.
Die geplante Förderung sehe demnach vor, dass 30 Prozent der Investitionen in eine neue Heizungsanlage vom Bund bezuschusst werden. Hinzu komme bei Menschen, die Sozialleistungen beziehen, ein sogenannter Klimabonus von 20 Prozent, alle anderen bekommen einen Klimabonus von 10 Prozent.
Das Kabinett muss der Novelle noch zustimmen. Mit dem vorliegenden Entwurf hat sich Bundeswirtschaftsminister Habeck weitgehend durchsetzen können. Der Geltungsbeginn des Gesetzes am 1. Januar 2024 ist geblieben. Auch die Austauschpflicht für den Fall, dass ab diesem Datum eine Gas- oder Öltherme kaputtgeht, konnte der grüne Vizekanzler verankern. Wo er der FDP entgegenkommen musste, das ist eine größere Auswahl an Heizungssystemen, die das Gesetz zulässt. Das betrifft insbesondere die Möglichkeit, auch Biomethan, grünen oder blauen Wasserstoff weiterhin in dafür geeigneten Heizungen zu verbrennen.
Viele alternative Technologien sind eher für die Nische
Allerdings kann Habeck berechtigterweise hoffen, dass dies eher eine Nischenanwendung sein wird. Denn ab kommendem Jahr müsste ein Wohnungsbesitzer schon einen Gasversorger finden, der ihm garantieren kann, an seiner Adresse spätestens ab 2030 50 Prozent dieser klimafreundlichen Brennstoffe zu liefern, ab 2035 dann 65 Prozent.
Das ist im Prinzip mit den vorhandenen Gasnetzen kaum möglich, weil die alten Öfen, die im selben Netz hängen, den Ökobrennstoff nicht verfeuern können. Deshalb müsste schon ein paralleles Netz aufgebaut werden, wofür sich kaum ein Versorgungsunternehmen finden dürfte. Bei Neubauten dürfte sich ohnehin die Wärmepumpe durchsetzen. Denn diese rechnet sich für gut isolierte Häuser umso besser. Der Verband kommunaler Unternehmen kritisiert daher: »Die Zeit für die Umstellung ist viel zu knapp« und hofft auf eine Verlängerung der Fristen.
Parallel bringt die Regierung wie geplant das Energie-Effizienzgesetz auf den Weg, in dem Vorgaben für Bund, Länder und Industrie für den sparsamen Umgang mit Energie enthalten sind. Beides soll dem Erreichen der Klimaziele dienen.
In dem Gesetzentwurf zum Heizungstausch wird betont, dass man »den sozialen Aspekten angemessen Rechnung tragen« wolle, etwa »mit Ausnahmeregelungen für ältere Personen oder Bestimmungen zum Schutz von Mieterinnen und Mietern vor zu hohen Kostenbelastungen«. Zum Beispiel sollen technologieoffene Lösungen bei den Brennstoffkosten für Mieter nicht teurer kommen als Wärmepumpen, mögliche Mehrbeträge dürfen dann nicht umgelegt werden. Und auch wenn Wärmepumpen bereits in Gebäuden in Betrieb sind, deren Dämmung dafür eigentlich nicht ausreicht, sollen Mieter vor den höheren Stromkosten geschützt werden.
FDP hofft auf Änderungen im Bundestag
In der FDP herrscht noch Klärungsbedarf. Das drückt sich in einer Protokollnotiz der am Gesetz beteiligten liberal geführten Ministerien aus, die das Kabinett heute beschlossen hat. »Das Bundesministerium der Finanzen stimmt dem Gesetzentwurf im Bewusstsein zu, dass die Fraktionen des Deutschen Bundestages im parlamentarischen Verfahren diesen Gesetzentwurf intensiv beraten und auch weitere notwendige Änderungen vornehmen werden«, heißt es in der Erklärung, die dem SPIEGEL vorliegt.
Gerade beim Ausbau von Wärmenetzen und bei der Zukunftstechnologie Wasserstoff müsse man »auf angemessene Übergangsfristen achten und sicherstellen, dass alle grüne Gase sowie deren Mischungen als Erfüllungsoptionen zulässig« seien. Außerdem wird gewarnt, dass Befreiungen verfassungskonform und sachgerecht ausgestaltet sein müssten. So müsse man die Grenze von 80 Jahren verfassungsrechtlich gut begründen.
Der FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai verteidigte gegenüber dem SPIEGEL die Protokollerklärung und kündigte an, dass der Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren »noch notwendige Änderungen erfahren« werde. Der Gesetzentwurf aus dem Wirtschaftsministerium sei »nicht praxistauglich und wird so nicht kommen.«
Djir-Sarai verwies auch auf den jüngsten Koalitionsausschuss, bei dem SPD, FDP und Grüne nach tagelangem Ringen einen Kompromiss zum Klimaschutz gefunden hatten. »Die Vereinbarung aus dem Koalitionsausschuss in puncto Technologieoffenheit gilt nach wie vor«, so der FDP-Politiker, fügte aber hinzu, es sei »daher verwunderlich, dass das Bundeswirtschaftsministerium hier einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, der hinter dieser Vereinbarung zurückbleibt.«
Anmerkung der Redaktion: Die Ausführungen von Robert Habeck in einer Pressekonferenz sowie die Zitate aus der Protokollnotiz und die Äußerungen Bijan Djir-Sarais wurden nachträglich ergänzt.