Ideen-Klau MAN zieht in China vor Gericht
Amerikanische und europäische Politiker beschweren sich immer lauter, die ausländischen Handelskammern in China schreiben immer längere Eingaben. Und die Pekinger Regierung gibt sich regelmäßig zerknirscht, verabschiedet neue Gesetze und gelobt Besserung. Gefruchtet haben diese Initiativen bislang nicht viel. Hemmungslos kopieren einheimische Geschäftemacher ausländische Markenartikel. Ob Bohrmaschinen, Batterien, Computerprogramme, Viagra-Pillen oder Motorroller: Chinesische Produktpiraten imitieren so ziemlich alles, was auf der Welt hergestellt wird.
Das müssen nun auch das Münchner Unternehmen MAN und seine Tochter Neoplan erfahren. Als erste deutsche Firmengruppe sind sie deshalb vor ein Pekinger Gericht gezogen. "Das ist ein absolut glasklarer Fall", erklärte der Vizepräsident von MAN-China, Franz Neundlinger, in der chinesischen Hauptstadt. "Es handelt sich um einen ernsten Fall von Patentverletzung."
Im Mittelpunkt der Affäre steht der Neoplan-Luxusreisebus "Starliner", den die Firma zum ersten Mal 2004 auf der Automesse in Hannover vorstellte. Nur ein paar Monate später, im März 2005, tauchte ein gleich aussehendes Fahrzeug auf einer Bus-Schau in Shanghai auf. Es hieß allerdings nicht "Starliner", sondern "A9", und es war von der "Industrie- und Autogruppe Zonda" in der Provinz Jiangsu gefertigt worden.
Chinesische Ideendiebe schaden nicht nur Ausländern
Zonda verkaufte nach den Erkenntnissen der Deutschen bereits "einige hundert" dieser Busse. Sie sind drei Mal billiger als der "Starliner", der in der Bundesrepublik um 350.000 Euro kostet. Im August 2005 hatte Neoplan in China das Patent auf das Design angemeldet.
Mit der Klage will MAN deutlich machen, dass die chinesischen Ideendiebe nicht nur Ausländern schaden, sondern auch ihren eigenen Landsleuten. MAN-Partner Neoplan-Youngman Jinhua in der Provinz Zhejiang hat die Lizenz für den Bau des "Starliners" gekauft. Es plant, den Bus für den chinesischen Markt vom Band laufen zu lassen. Firmenchef Pang Qingnian spricht bereits von "großen Verlusten", die ihm die Konkurrenten zugefügt haben.
Die Chinesen haben die eindrucksvolle und preisgekrönte Form des Busses von Fotos abgekupfert, vermutet Neundlinger. "Wir erklären, dass dies eine völlige Kopie des Designs ist." Der MAN-Manager "erwartet" nun, dass die Richter die Produktion des "A9" so schnell wie möglich stoppen und Zonda zu einer Entschädigung verurteilen. Sie wüsste von der Klage nichts, erklärte die Rechtsabteilung von Zonda zu SPIEGEL ONLINE.
Inzwischen streitet die Firma die Vorwürfe ab. Das Äussere des "A9" sei seit 2003 selbst entwickelt worden, Zonda habe lange Erfahrung bei der Konstruktion von Bussen.
Design-Klau bei Autos ist in China nicht neu. Erst jüngst tauchte zum Beispiel ein Fahrzeug auf, das fatal dem Smart ähnelt. Der chinesische "Chery" scheint ein Klon des VW-Jetta zu sein, und der chinesische QQ eine Kopie vom Chevrolet Spark.