Zur Ausgabe
Artikel 37 / 85

BAUINDUSTRIE Ins Auge gegangen

Der Düsseldorfer Baukonzern Beton- und Monierbau geriet unter seiner Schuldenlast ins Schlingern. Größter Kreditgeber ist wiederum die Westdeutsche Landesbank.
aus DER SPIEGEL 8/1978

Für Heinz-Friedrich Hoppe, Chef des Düsseldorfer Baukonzerns Beton- und Monierbau, bewahrheitete sich im vergangenen Monat die alte Weisheit der Fahrensleute, daß an einem Freitag, dem Dreizehnten, alles nur schiefgehen könne.

An jenem Freitag. dem 13. Januar 1978, erhielt der Baumanager Besuch von seinen zwanzig wichtigsten Geldgebern, um den wiederum üppiger ausgefallenen Finanzplan des Unternehmens für die nächsten fünfzehn Monate genehmigen zu lassen. Doch überraschend weigerten sich die Abgesandten vor allem der drei Großbanken Deutsche, Dresdner und Commerzbank. den Kreditrahmen des Hoppe-Unternehmens im üblichen Sehneilverfahren auszudehnen.

Den Bankiers, deren Berufsstand durch die Affären um die Westdeutsche Landesbank, des Hauptgeldgebers bei Beton- und Monierbau, ohnehin ins Gerede gekommen war, wollten für die Schuldenlast des Konzerns plötzlich nicht mehr aufkommen.

Nach einer vertraulichen Aufstellung der Deutschen Bundesbank nämlich stand de Beton-und-Monierbau-Gruppe (Branchen-Kürzel: BuM) schon Ende November vergangenen Jahres bei ihren 58 Geldgebern einschließlich diverser Bank-Bürgschaften mit 808 Millionen Mark in der Kreide. Zum Jahreswechsel überschritten die BuM-Verpflichtungen bereits die 900-Millionen-Grenze. Bis März 1979 schließlich wollte sich Hoppe von seinen Gläubigern noch einmal 100 Millionen Mark bewilligen lassen, von denen er aber die Hälfte schon für das erste Halbjahr 1978 verplant hatte.

Eilig ließen sich Hoppes Geldherren nun von ihren Haus-Statistikern Vergleichszahlen über Eigenkapitalquote und Schulden-Pegel der BuM-Konkurrenz zusammenstellen.

Während Branchen-Führer Philipp Holzmann (Deutsche-Bank-Anteil: knapp 40 Prozent) in seiner Bilanzsumme Ende 1976 ein Eigenkapitalpolster von 13,1 Prozent vorweisen konnte, brachte es Beton und Monier, der Branchenfünfte, auf magere 7,6 Prozent -- die niedrigste Quote im Vergleich der 15 Größten des Gewerbes.

Vollends irritiert wurden die Bankiers, als BuM-Chef Hoppe für 1978 einen weiteren Zuwachs der Konzern-Bauleistungen um 17 Prozent andeutete, was das Eigenkapital-Polster auf fünf Prozent der Bilanzsumme bringen würde. Ein Frankfurter Großbankier: Wehe, wenn da ein einziges Geschäft ins Auge geht.«

Daß etwas ins Auge gehen könnte, aber mußten die Bankiers fürchten, nachdem sie sich das ebenso riesen- wie risikohafte Auslandsgeschäft Hoppes angesehen hatten. Heinz-Friedrich Hoppe nämlich, der schon 1954 in Nigeria und 1970 in Algerien in großem Stil gebaut hatte, war nach der Bauflaute 1973 verstärkt vom Inlands- auf das Auslandsgeschäft umgestiegen, denn dies, so Hoppe, »wurde für Großunternehmen zum lebensnotwendigen Ausgleich«.

Hoppes Ausgleichssport wurde pompös und teuer betrieben. Wie kein anderer Mitbewerber füllte der 1970 von Klöckner nach BuM umgestiegene Manager die Orderbücher im Ausland. Im vergangenen Jahr verbaute er zwischen Flensburg und Füssen mit 580 Millionen Mark nur 50 Millionen mehr als 1970. Im Ausland aber schaffte er 956 Millionen Mark Umsatz, fast 20mal mehr als vor sieben Jahren.

Noch in den vergangenen Monaten holte Hoppe in Algerien neue Aufträge über den Bau einer Karosserie-, Bagger- und Lampenfabrik, eines Internats und mehrerer Schulen im Gesamtvolumen von 270 Millionen Mark herein. Ende dieser Woche will er selbst nach Algier, um Anschlußaufträge abzuschließen.

Dabei weiß Hoppe genau, welche Schwierigkeiten er sich in den heißen Klimazonen einhandeln kann, vor allem wenn er dort Bauleistungen zu festen Terminen und Währungskursen verspricht.

So geriet Hoppes Beton- und Monierbau etwa beim Ausschachten einer riesigen Baugrube in der saudiarabischen Hafenstadt Dammam unerwartet an wassergefüllte Kavernen und konnte nicht weiter. In der Hauptstadt Riad selbst versperrten Felsen den zügigen Ausbau eines Stadions.

Weil Hoppes nigerianische Auftraggeber die Planungsunterlagen zum Bau des Provinz-Flughafens Calabar zu spät aushändigten, geriet die BuM in die Regenzeit und damit zwölf Monate kostenpflichtig in Verzug. Eine von der Regierung in Lagos diktierte stufenweise Lohnerhöhung um 90 Prozent schraubte die Kosten für seine 17 Nigeria-Baustellen um 20 Millionen Mark in die Höhe. Zwei Jahre vergingen, bis Hoppe die ihm vertraglich zustehenden Mehrkosten wenigstens zur Hälfte überwiesen wurden.

Vorletzte Woche schickte Hoppe seinen verantwortlichen Projektleiter nach Algier, um das Schicksal einer 2,5-Millionen-Mark-Überweisung zu ergründen. Sie war vor einem Monat von der Großbaustelle in Armaba, wo die Deutschen Wohnblöcke hochziehen, auf ein BuM-Konto in Algier abgegangen, aber dort nie eingetroffen.

Hoppe erklärt dies alles mit den üblichen Risiken neuer Geschäfte, doch die Bankleute wollten bei allem Verständnis für morgenländische Sitten ihr teures Geld dafür nicht mehr hergeben.

Als erste drehten die kleineren Bankiers ab. Überstürzt rief die Hamburger Privatbank Wölbern & Co. ihren Zwei-Millionen-Kredit zurück. Die potenteren Geldgeber verlangten ausreichende Sicherheiten und drohten damit, andernfalls ihre kurzfristigen Kredite bei Fälligkeit zurückzufordern.

Der Rückzug kleinerer Banken und die Reserviertheit der Großen hätten den Beton-und-Monierbau-Chef bis vor einem dreiviertel Jahr kaum irritiert. Bis dahin nämlich fühlte er sich gestützt von der Westdeutschen Landesbank, die damals über ein fünftel der Beton-und-Monierbau-Aktien besaß, und von dem Frankfurter Chemie-Unternehmer Rütgerswerke.

Mitte vergangenen Jahres aber wechselten in einem gut getarnten Blitztransfer und ohne Wissen Hoppes die Aktien von der Frankfurter Gruppe nach Holland an die Holding-Gesellschaft Ogem. Deren Chef Berend Udink erhoffte sich in der BuM einen potenten Partner für seine ebenfalls üppigen Orient-Geschäfte.

Kaum hatten die Holländer ihre deutsche Tochter aber ohne Beistand in die Kredit-Gespräche mit den Banken gehen lassen, setzte auch die Westdeutsche Landesbank, mit 167 Millionen Mark zugleich größter Kreditgeber des Düsseldorfer Beton-Giganten, ihre schon längere Zeit laufenden Verkäufe von Beton-und-Monierbau-Aktien fort.

Vorletzte Woche berichtete der neue WestLB-Chef Johannes Völling seinem Kreditausschuß, weitere sieben Prozent »an eine deutsche Großbank, bestimmt nicht an die Holländer«, abgestoßen zu haben.

Zahlen aber muß er, wenn"s kracht. dennoch. Bau-Unternehmer Hoppe nämlich hatte inzwischen bei der Düsseldorfer Landesregierung eine 100-Millionen-Bürgschaft erbeten, die größte seit der Krupp-Krise 1967, »um wenigstens die 20 000 Arbeitsplätze zu retten«. Doch soviel wollten die Regenten an Rhein und Ruhr nicht ausgeben.

Eine Bürgschaft, erklärten sie, komme nur in Frage, wenn sich Hoppes Gläubiger zu 30 Prozent an der 100-Millionen-Garantie beteiligen. Deshalb muß Völlings WestLB nun noch stärker als vorher in das riskante BuM-Geschäft einsteigen. Bis Ende vergangener Woche war Aktien-Verkäufer Völling bereits für die zusätzlichen Millionen-Quoten der Commerzbank und der Badischen Kommunalen Landesbank eingesprungen. Ein Verwaltungsrat: »Jetzt sitzen wir schon auf 190 Millionen Mark Kredit.«

Auch Beton-Boß Hoppe besitzt noch Kredit. Erst im September vergangenen Jahres unterschrieb er einen neuen Fünfjahresvertrag.

Mehr lesen über

Zur Ausgabe
Artikel 37 / 85
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren