IWF-Einkommensstudie Lohnsteigerung in Deutschland besonders mickrig

Deutschlands Arbeitnehmer dürfen nur mit einem minimalen Einkommensplus rechnen: Laut Internationalem Währungsfonds werden die Gehälter 2008 real nur um 1,1 Prozent steigen. Die Beschäftigten im übrigen Westeuropa erhalten im Schnitt 2,1 Prozent mehr - die in Indien sogar zehn Prozent mehr.

Frankfurt am Main - Nominal werden die Gehälter in Deutschland im kommenden Jahr voraussichtlich um 2,7 Prozent steigen. Gleichzeitig erwartet der Internationale Währungsfonds (IWF) aber auch eine Inflationsrate von 1,6 Prozent. Damit werde das reale Gehaltsplus im Schnitt nur bei 1,1 Prozent liegen. Das geht aus einer heute vorgelegten Studie der Unternehmensberatung Mercer hervor. Mercer hat dazu die Inflationsschätzungen des IWF mit seinen Gehaltsprognosen verglichen.

Im Verhältnis zu anderen Ländern fallen die Gehaltserhöhungen in Deutschland eher gering aus. Im weltweiten Durchschnitt können Arbeitnehmer mit 1,9 Prozent mehr Lohn nach Abzug der Inflation rechnen.

Besonders kräftig ist das Gehaltsplus im übrigen Westeuropa. Hier können die Beschäftigten im kommenden Jahr mit 3,4 Prozent mehr Lohn rechnen. Bei einem geschätzten Preisanstieg von 1,3 Prozent bliebe unterm Strich 2,1 Prozent mehr Geld in den Taschen der Arbeitnehmer.

Spitzenreiter sind der Studie zufolge zum fünften Mal in Folge die Griechen. Bei ihnen zehre allerdings die hohe Inflation von 3,2 Prozent den Großteil der Einkommenssteigerung von fünf Prozent wieder auf. In der Schweiz sollen die Gehälter dagegen nur um 2,5 Prozent steigen. Bei einer Inflationsrate von einem Prozent hätten die Eidgenossen unter dem Strich jedoch 1,5 Prozent mehr Geld zur Verfügung.

Den besten Schnitt machen nach der Studie die Angestellten in Irland mit einem realen Plus von 2,6 Prozent. Noch hinter Deutschland rangieren dagegen die Niederlande mit 0,9 Prozent und Zypern mit 0,2 Prozent.

Einkommensprognose des IWF für 2008

Gehaltsplus nominal Inflation Gehaltsplus real
Westeuropa      
Belgien 3,3 1,8 1,5
Dänemark 3,6 2,1 1,5
Deutschland 2,7 1,6 1,1
Finnland 3,5 1,9 1,6
Frankreich 3,0 1,8 1,2
Griechenland 5,0 3,2 1,8
Großbritannien 3,1 2,0 1,1
Irland 4,7 2,1 2,6
Italien 3,1 1,9 1,2
Niederlande 3,0 2,1 0,9
Norwegen 3,3 2,2 1,1
Österreich 3,0 1,8 1,2
Portugal 3,5 2,3 1,2
Schweden 3,4 2,1 1,3
Schweiz 2,5 1,0 1,5
Spanien 3,8 2,4 1,4
Zypern 2,7 2,5 0,2
Osteuropa      
Bulgarien 9,3 4,4 4,9
Estland 7,5 5,6 1,9
Kroatien 4,6 2,8 1,8
Lettland 8,7 6,5 2,2
Litauen 9,6 3,5 6,1
Polen 4,0 2,9 1,1
Rumänien 8,3 5,0 3,3
Russland 10,2 7,5 2,7
Serbien 4,8 6,1 -1,3
Slowakei 4,7 2,0 2,7
Slowenien 4,1 2,4 1,7
Tschechien 4,0 3,1 0,9
Türkei 8,5 4,0 4,5
Ukraine 10,0 10,0 0,0
Ungarn 5,2 3,8 1,4
andere Staaten      
Australien 4,0 2,5 1,5
China 7,5 3,2 4,3
Indien 14,1 4,3 9,8
Kanada 3,8 2,0 1,8
Vereinigte Staaten 3,7 1,8 1,9
Quelle: Mercer-Studie "2008 Global Compensation Planning Report", www.imercer.com/gcpr. Die Studie geht für Deutschland von 2,7 Prozent Lohnwachstum und einer Inflation von 1,6 Prozent aus.

Weltweit dürften die Inder mit einem Plus von fast zehn Prozent die höchsten realen Lohnsteigerungen, also nach Abzug der Inflation, erwarten. Die rasanten Lohnanstiege bedeuteten aber auch, dass es sich für westliche Unternehmen nicht dauerhaft lohnen werde, ihre Produktion in Länder wie Indien zu verlagern, erklärte Mercer-Experte Dirk Ewert.

"Multinationale Unternehmen müssen sowohl das aktuelle Gehaltsgefüge als auch die in Zukunft zu erwartenden Gehaltssteigerungen ins Auge fassen, wenn sie darüber nachdenken, in welchen Ländern sie verstärkt Personal aufbauen wollen", sagte Ewert. Dagegen bleibe Osteuropa für multinationale Unternehmen schon aufgrund seiner Nähe zu Westeuropa weiterhin sehr interessant.

So sollen die Reallöhne in vielen osteuropäischen Ländern deutlich langsamer steigen als in Schwellenländern wie Indien. Der Grund ist der rasante Preisanstieg von 6,9 Prozent. Dadurch kommen die Beschäftigten laut Mercer nominal auf nur 2,3 Prozent mehr Lohn - für Investoren ein attraktives Signal.

Für die Vereinigten Staaten sagt die Studie ein reales Plus von 1,9 Prozent voraus, für Kanada 1,8 Prozent. Für die aufstrebende Wirtschaftsmacht China erwarten die Experten Realgehälter, die 4,3 Prozent über dem Vorjahreswert liegen.

wal/AFP/AP

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren