SPIEGEL ONLINE

Bezos und pikantes Privates Amazon crime

Jeff Bezos lässt sich scheiden - und wehrt sich gegen das Klatschblatt "National Enquirer": Das erpresse ihn mit intimen Bildern - der Amazon-Chef engagierte einen Privatdetektiv. Der wittert politische Motive aus dem Weißen Haus.

Amazon-Chef Jeff Bezos twittert selten. Wenn, dann macht er PR für seinen Konzern, seine Zeitung "Washington Post", propagiert wohltätige Zwecke, kommentiert die Tech-Branche. Ab und zu sprenkelt er alte Familienbilder dazwischen.

Mit seinen jüngsten Tweets sorgte der reichste Mann der Welt jedoch für weltweite Schlagzeilen. Erst kündigte er seine Scheidung an - und dann offenbarte er, das Boulevardblatt "National Enquirer" habe Zugang zu seinen privaten SMS gefunden und versuche ihn nun mit Nacktfotos  zu erpressen.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, der den Artikel ergänzt und von der Redaktion empfohlen wird. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.
Externer Inhalt

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bisher waren die Details der Trennung von Jeff und MacKenzie Bezos nur ein Thema für die Skandalpresse, für Amazons Anteilseigner und für alle, die Bezos' Plattwalz-Kapitalismus hassen. Doch plötzlich geht es um viel mehr.

Denn Bezos - dem auch die regierungskritische "Washington Post" gehört - spricht in den Tweets schlüpfrige Machenschaften an, die nicht unbedingt neu sind, in diesem Fall aber einen derben politischen Beigeschmack haben: Er wirft dem "Enquirer" vor, ihn "im Namen" seines erklärten Erzfeinds unter Druck setzen zu wollen - US-Präsident Donald Trump.

Fotostrecke

Fotostrecke: Amazon-Chef Bezos und Ehefrau lassen sich scheiden

Foto:

Danny Moloshok/REUTERS

Bezos hat Medienberichten zufolge die Staatsanwaltschaft in New York informiert. Die ermittelte bekanntlich schon mal in anderer Sache gegen den "Enquirer" und dessen Verlag American Media (AMI) - wegen mutmaßlicher Schweigegelder an mehrere Trump-Geliebte.

Das macht die Bezos-Story nun zum potenziellen Kriminalfall, der bis ins Weiße Haus reicht. Bezos enthüllt, was geschieht, wenn sich Macht, Geld und die skrupellose Klatschpresse gegen jemanden verbünden - ein Spiel, das "Washington Post"-Legende Bob Woodward in seinem jüngsten Buch über Trump so umschrieb: "Wahre Macht ist Furcht."

Sanchez und Bezos

Sanchez und Bezos

Foto: Getty Images

Die Ironie ist, dass das jetzt ausgerechnet Bezos trifft, der sein Vermögen von zuletzt 131 Milliarden Dollar oft auf Kosten anderer gemacht hat. "Er ist zwar ein gnadenloser Plutokrat, dessen Online-Koloss kleine und große Einzelhändler zerstört hat", findet der "New Yorker". "Aber auch er verdient eine Privatsphäre."

Doch wenn selbst Bezos, der alle Tricks der digitalen Anonymität kennt, seine Privatsphäre nicht mehr schützen kann, wer dann? Bezos hat wenigstens die Mittel, sich zu wehren: "Nein danke, Mr. Pecker", schreibt er an AMI-Chef David Pecker, einen alten Freund Trumps - er lasse sich nicht durch Erpressung und "politische Attacken" einschüchtern. Doch andere sind derlei Angriffen oft hilflos ausgeliefert.

Der Angriff auf Bezos begann am 7. Januar. Da war der Amazon-Gründer bereits von seiner Frau getrennt und mit der TV-Moderatorin Lauren Sanchez liiert, was aber noch nicht bekannt war. Bezos und Sanchez, so die "Post", hätten "fast identische E-Mails" von Dylan Howard, dem Chief Content Officer von AMI, und dessen Vize James Robertson erhalten: Man erbitte "ein Interview über ihre Liebesaffäre".

Wohl um einer Veröffentlichung zuvorzukommen, machten Bezos und Noch-Gattin MacKenzie ihre Trennung am 9. Januar via Twitter offiziell. Tags darauf prangte das Bezos-Cover des "Enquirers" an allen US-Supermarktkassen: "Die Betrugsfotos, die seine Ehe beendeten!"

Drinnen folgten elf Seiten Paparrazzi-Fotos - und intime SMS zwischen Bezos und Sanchez. "Die größte Recherche in der 'Enquirer'-Geschichte!", prahlte das sonst auf Hollywoodskandale spezialisierte Blatt. Seither folgten mehr als ein halbes Dutzend weitere Berichte.

Bezos heuerte den prominenten Privatdetektiv Gavin de Becker an, um herausfinden, wie der "Enquirer" an seine Privatkorrespondenz kam. Der sagte der "Post", das Leak sei seinen Informationen zufolge "politisch motiviert". Dafür sprächen auch die suspekten Connections: Lauren Sanchez' Bruder Michael ist laut Detektiv de Becker ein Bekannter des berüchtigten Trump-Beraters Roger Stone, der von Russland-Sonderermittler Robert Mueller angeklagt wurde.

AMI erklärte, es habe "rechtmäßig gehandelt", leitete jedoch aufgrund der Vorwürfe von Bezos jetzt firmeninterne Untersuchungen ein.

AMI-Chef David Pecker

AMI-Chef David Pecker

Foto: STRINGER/ REUTERS

Der "Enquirer" und Trump - der die Bezos-Enthüllungen schadenfroh mit seinen 58 Millionen Twitter-Followers teilte - haben eine langjährige Verbindung: Das Blatt hat zugegeben, Trumps eigene Affären vertuscht zu haben. Um einer Strafe zu entgehen, hat es in eine Kooperationsvereinbarung mit der Staatsanwaltschaft eingewilligt.

Genau das könnte ihm nun zum Verhängnis werden. Bezos veröffentlichte E-Mails, in denen Howard gedroht habe, intime Selfies von Bezos zu veröffentlichen, sollte der seinen Privatdetektiv nicht abziehen. Das würde gegen die Vereinbarung mit der Justiz verstoßen.

Andere berichten von ähnlichen Methoden. Der Reporter Ronan Farrow, der die Missbrauchsvorwürfe gegen Ex-Produzent Harvey Weinstein enthüllte, twitterte, AMI habe auch ihn und "mindestens einen anderen prominenten Journalisten" ebenfalls zu erpressen versucht.

Bezos hat die besagten E-Mails laut "Post" an die Staatsanwaltschaft übergeben. "Natürlich will ich keine persönlichen Fotos veröffentlicht sehen", schreibt er. Aber er habe auch keine Angst: "Ich stehe lieber auf, wälze diesen Baumstamm um und gucke, welches Gewürm hervorkriecht."

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren