Mehr als sieben Prozent Bundesbankpräsident rechnet auch für das kommende Jahr mit hoher Inflation

Er halte es für wahrscheinlich, dass die Teuerungsrate auch 2023 eine Sieben vor dem Komma habe, sagte Joachim Nagel. Ein »robuster Zinsschritt« in der Eurozone sei nun nötig.
Joachim Nagel: »Die Normalisierung der Geldpolitik ist noch lange nicht abgeschlossen«

Joachim Nagel: »Die Normalisierung der Geldpolitik ist noch lange nicht abgeschlossen«

Foto: Britta Pedersen / dpa

Die Inflation könnte im kommenden Jahr mit mehr als sieben Prozent hoch bleiben – damit rechnet Bundesbankpräsident Joachim Nagel. »Auch im kommenden Jahr wird die Inflationsrate hoch bleiben. Ich halte es für wahrscheinlich, dass zum Jahresende eine Sieben vor dem Komma stehen wird«, sagte Nagel am Rande der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds in Washington. Angesichts der Anspannung auf den Energiemärkten gebe es noch deutliche Aufwärtsrisiken. Sie in den Griff zu bekommen, habe höchste Priorität. Finanzminister Christian Lindner bezeichnete die Inflation als »größte Gefahr für unser wirtschaftliches Fundament«.

Zuletzt hat sich das tägliche Leben in Deutschland sprunghaft verteuert: Im September erreichte die Inflationsrate erstmals seit der Nachkriegszeit die Marke von 10 Prozent. Viele Menschen müssen sich wegen der hohen Energiekosten im Alltag einschränken.

Nagel hält einen »robusten Zinsschritt« in der Eurozone für nötig. »Die Normalisierung der Geldpolitik ist noch lange nicht abgeschlossen«, sagte Nagel. Er sei überrascht, wie früh schon die Frage eines neutralen Zinssatzes diskutiert werde – also ein Zinssatz, der die Wirtschaft weder bremst noch anschiebt. »Nach meiner Auffassung sind wir jetzt mit den ersten beiden Schritten noch ein deutliches Stück weg von dem neutralen Zinssatz, wo immer er auch sein wird«, sagte Nagel, der im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) sitzt und dort über Leitzinsveränderungen mitentscheidet.

Nagel warb auch dafür, dass die europäischen Notenbanken ihre Bestände an Staatsanleihen zurückfahren. »Nach meiner Auffassung sollte dann 2023 dieser Abbau beginnen«, sagte er.

Deutschlands Finanzaufseher fordern derweil die Banken auf, sich für mögliche Rückschläge zu rüsten. »Die deutschen Finanzinstitute sind insgesamt gut kapitalisiert, sollten sich aber auf die signifikant veränderte Risikolage einstellen«, mahnte der Ausschuss für Finanzstabilität. »Eine ausreichende Risikovorsorge ist wichtig, um mögliche Rückschläge in einem herausfordernden Umfeld besser verkraften zu können.«

Die Folgen des russischen Angriffskriegs belasten viele Unternehmen. »Zusätzlich beeinträchtigen höhere Zinsen perspektivisch die Fähigkeit von Unternehmen und privaten Haushalten, ihre Kredite ordnungsgemäß zu bedienen«, heißt es von dem Ausschuss über die aktuelle Lage.

Weil sich das tägliche Leben sehr verteuert hat, haben private Haushalte zudem weniger Geld zur Verfügung, um Schulden abzutragen. »Insgesamt könnten aufgrund dieser Entwicklungen Kreditausfälle in Zukunft zunehmen«, warnte der Ausschuss.

ani/dpa
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