Jubel an der Wall Street Hoffnung auf Zinssenkungen beflügelt US-Börsen
New York - Angeheizt durch Aussagen des Vizechefs der US-Notenbank, Donald Kohn, haben die amerikanischen Börsen kräftig zugelegt - der Dow-Jones-Index stieg um mehr als zweieinhalb Prozent. Kohn sagte, angesichts der hohen Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Wirtschaft sei eine flexible und pragmatische Geldpolitik nötig. Der Konjunkturbericht "Beige Book" der Fed stärkte die Hoffnungen der Anleger auf eine Zinssenkung zusätzlich.
"Grün, grün, grün", freute sich ein Wall-Street-Händler über fast nur positive Zahlen auf seinem Bildschirm: Der Dow-Jones-Index der Standardwerte legte bis zum Handelsende um 2,6 Prozent auf 13.289 Punkte zu. Im Verlauf pendelte er zwischen 12.958 und 13.325 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500-Index schloss 2,9 Prozent höher bei 1469 Zählern. Der Technologie-Index Nasdaq gewann 3,2 Prozent auf 2662 Punkte hinzu. Die Indizes verbuchten damit zum Teil die seit Jahren größten Gewinne an zwei Handelstagen hintereinander. In Deutschland ging der Dax mit einem Plus von 2,6 Prozent auf 7724 Punkten aus dem Handel.
Die Titel von Banken, Versicherungen und anderen Finanzunternehmen schossen in den USA nach den Äußerungen Kohns in die Höhe, der S&P-Finanzindex legte fünf Prozent zu. Kohns Stellungnahme lasse darauf schließen, dass die Fed nun die Veränderungen der Konjunkturlage im letzten Monat erkannt habe, sagte Philip Orlando von Federated Global Investment Management. Zudem könne man daraus folgern, dass die Fed bei ihrem Treffen am 11. Dezember das Nötige tun werde, um die Wirtschaft zu stabilisieren.
Die Fed teilte in ihrem Konjunkturbericht mit, das Wirtschaftswachstum habe sich im Oktober und der ersten Novemberhälfte verlangsamt.
Die Aktien der Citigroup kletterten um 6,7 Prozent, nachdem das "Wall Street Journal" berichtet hatte, dass die Großbank inmitten der Krise eine informelle Fusionsanfrage erhalten und abgelehnt hatte. Bereits am Dienstag hatte eine Milliardenspritze aus dem Emirat Abu Dhabi für die Citigroup für Kaufstimmung an den New Yorker Börsen gesorgt.
Online-Händler profitieren von Thanksgiving
Aus dem Finanzsektor kamen jedoch nicht nur gute Neuigkeiten: Die zweitgrößte einheimische Hypothekenbank Wells Fargo musste wegen der Kreditkrise eine Sonderbelastung von 1,4 Milliarden Dollar verbuchen. Anleger reagierten zwar zunächst erschrocken, weil Wells Fargo als ausgesprochen vorsichtig bei der Kreditvergabe gilt. Die Aktien des Instituts konnten dennoch in dem generellen Aufwärtstrend knapp drei Prozent zulegen. Die Aktien des krisengeschüttelten Konkurrenten Freddie Mac kletterten sogar um mehr als 14 Prozent, obwohl das Unternehmen seine Dividende halbierte. Die Bank hatte angekündigt, in den kommenden Tagen mit den Verkauf von Vorzugsaktien sechs Milliarden Dollar einsammeln zu wollen.
Die Titel von Online-Händlern legten ebenfalls zu, nachdem das Marktforschungsunternehmen comScore bekanntgegeben hatte, dass die US-Konsumenten am sogenannten "Cyber-Montag" die Rekordsumme von 733 Millionen Dollar ausgegeben haben, 21 Prozent mehr als im Vorjahr. Am Montag nach Thanksgiving kaufen viele Amerikaner von der Arbeit aus online Geschenke. Die Aktien von Amazon legten um 5,5 Prozent zu, die Papiere von Ebay stiegen um 3,8 Prozent.
An der New York Stock Exchange wechselten rund 1,76 Milliarden Aktien den Besitzer. 2878 Werte legten zu, 431 gaben nach und 57 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 2,47 Milliarden Aktien 2350 im Plus, 645 im Minus und 102 unverändert.
An den US-Kreditmärkten sanken die zehnjährigen Staatsanleihen um 20/32 auf 101-25/32. Sie rentierten mit 4,029 Prozent. Die 30-jährigen Bonds verloren 26/32 auf 109-19/32 und hatten eine Rendite von 4,414 Prozent.
tno/Reuters/dpa