Kampf um Jobs Großbritannien stellt Opel-Magna-Deal in Frage
Berlin - Die britische Regierung sieht das Rettungskonzept für die europäischen GM-Töchter kritisch - und stellt die Übernahme von Opel durch Magna und die Sberbank in Frage.
"Prinzipiell halte ich die Schaffung einer starken europäischen Basis in der Automobilproduktion für eine attraktive Lösung", sagte der britische Wirtschaftsminister Peter Mandelson in einem Interview mit dem "Handelsblatt" und anderen europäischen Zeitungen. Mandelson, der in seiner Heimat wegen seiner genialen Schachzüge auch "Fürst der Finsternis", "Machiavelli" oder "Rasputin" genannt wird, erklärte, für eine länderübergreifende Lösung sei es noch nicht zu spät: "Mit dem kanadisch-österreichischen Autozulieferer Magna haben wir zwar einen bevorzugten Bieter, aber noch keinen endgültigen Käufer."
Magna hatte Anfang Juni eine Absichtserklärung zum Einstieg bei Opel unterschrieben und verhandelt derzeit mit der Opel-Mutter GM über die Ausgestaltung des Abkommens. Für die Zeit der Verhandlungen stellt Deutschland einen staatlichen Überbrückungskredit in Höhe von 1,5 Milliarden Euro bereit.
Die neue Opel-Gesellschaft - in die größtenteils das GM-Europageschäft einfließt - beschäftigt 55.000 Mitarbeiter. In Großbritannien gehört Vauxhall dazu. Magna hat angedeutet, in Großbritannien wesentlich mehr Jobs abzubauen als in Deutschland.
Mandelson scheint nicht davon überzeugt, dass die Übernahme durch Magna die beste Lösung für die europäischen GM-Töchter ist. "Bei den Verhandlungen ging es nicht um die Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze in der europäischen Automobilindustrie", sagte er dem "Handelsblatt". Vorrang hätten die Interessen von General Motors und dessen Eigentümern gehabt, "die sich einen möglichst guten Preis und möglichst viel Einfluss auf den europäischen Markt sichern wollten".
Mandelson kündigte finanzielle Unterstützung für die europäischen Unternehmensteile von General Motors (GM) an. "Die britische Regierung ist bereit, ihren Beitrag zu leisten", sagte er nach einem Gespräch mit Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) in Berlin. Es müsse dazu aber eine langfristige Perspektive für GM Europe als Ganzes geben. Bei der Gewährung von Staatshilfen dürfe es keine Alleingänge geben. Die Hilfen müssten im Einklang mit den anderen europäischen Ländern und den Vorgaben der EU-Kommission stehen. Ziel müsse sein, einen europaweiten Autohersteller zu formen, der auch im weltweiten Wettbewerb bestehen könne.
Guttenberg hält sich alle Optionen offen
Der deutsche Wirtschaftsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) bekräftigte am Donnerstag, dass es mit Magna nur eine unverbindliche Absichtserklärung gebe - die Gespräche könnten auch scheitern. Die Bundesregierung halte trotz der laufenden Verhandlungen Kontakt zu weiteren Opel-Interessenten. Darunter seien auch welche, die öffentlich nicht bekannt seien. Er sprach von einem weiteren chinesischen Investor, der in den vergangenen zwei Wochen Interesse gezeigt habe. Guttenberg stellte allerdings klar, dass Magna derzeit das exklusive Verhandlungsvorrecht habe.
Zu einem Bericht der "Welt", wonach Magna einen höheren Stellenabbau bei GM Europe plant als zunächst bekannt, sagte Guttenberg, er kenne nur die Angaben, die von einem Abbau von 10.000 bis 11.000 Stellen in Europa ausgingen. Die Zeitung berichtete dagegen am Donnerstag, in den kommenden Jahren sollten europaweit 11.600 Arbeitsplätze gestrichen werden. Sie berief sich auf einen vorläufigen Geschäftsplan von Magna.
Der Stellenabbau solle europaweit in den kommenden zwei Jahren erfolgen. 9500 Stellen sollen demnach in der Produktion wegfallen, weitere 2100 nach den vorläufigen Plänen von Magna-Co-Chef Frank Stronach in Vertrieb und Verwaltung abgebaut werden.
Bislang hatte der Konzern stets angegeben, dass bei der Opel-Sanierung gut 10.000 Arbeitsplätze wegfallen. Gewerkschaften hatten mehrfach geschätzt, dass bis zu 11.000 Arbeitsplätze zur Disposition stünden. In Deutschland sollen nach den bisherigen Plänen rund 2500 Arbeitsplätze wegfallen - ob sich diese Zahl nun erhöht, lässt der Bericht offen.
Opel wollte die Nachricht auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE nicht kommentieren. Bei Magna war zunächst niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.
Opel will mit Billig-Astra neue Käufer finden
Spätestens im kommenden Jahr will Opel das Geschäft kräftig ankurbeln: 2010 läuft eine neue Variante des beliebten Astra-Modells vom Band. Den aktuellen Astra will Opel dennoch weiter bauen und deutlich günstiger verkaufen.
Das Bochumer Opel-Werk dürfte wesentlicher Nutznießer dieser Strategie sein: Laut Betriebsratschef Rainer Einenkel sieht die aktuelle Planung vor, dass die Produktion sämtlicher "Alt-Astra"-Modelle an diesem Standort konzentriert wird, berichtet die "Rheinische Post".