Kauflaune Deutsche Verbraucher trotzen der Finanzkrise
Nürnberg - Der gesunkene Ölpreis bestärkt die Hoffnungen, dass wieder mehr Geld zur Verfügung steht. Vor allem die leicht steigende Einkommenserwartung in Verbindung mit einer rückläufigen Sparquote trage dazu bei, dass das Konsumklima deutlich besser ausgefallen sei als erwartet, erklärte das Marktforschungsinstitut GfK am Dienstag in Nürnberg.

Einkaufstraße in der Frankfurt: Robuster deutscher Arbeitsmarkt
Foto: DPA"Gestützt wird der Konsum durch den robusten deutschen Arbeitsmarkt und der rückläufigen Inflation", sagte GfK-Vorstandschef Klaus Wübbenhorst am Dienstag. In den vergangenen Jahren sei eine Reihe von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen geschaffen worden und die Zahl der Arbeitslosen sei um rund zwei Millionen gefallen. Stützend dürften sich auch die fallenden Benzinpreise auf das Konsumklima auswirken. Der Verbraucher sei durch den dramatischen Anstieg bis zum Spätsommer "arg gebeutelt" worden, sagte Wübbenhorst. Der jetzt zu beobachtende deutliche Rückgang könne zu einer Stabilisierung beim Konsum beitragen.
Insgesamt habe sich der sogenannte Konsumklimaindex für November auf 1,9 Punkte erhöht, nachdem er im Oktober bei 1,8 Zählern lag. "Trotz der Turbulenzen ist mit Blick auf den privaten Konsum keine Panik angesagt", sagte Wübbenhorst.
Branchenkrisen als Belastungsfaktoren
Im ersten Halbjahr hatten die privaten Haushalte in Deutschland noch deutlich mehr gespart als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die entsprechende Quote - die den Anteil des Ersparten am verfügbaren Einkommen angibt - stieg laut Angaben des statistischen Bundesamts um 0,5 Prozentpunkte auf 11,3 Prozent. Jeder Einwohner legte im Schnitt 180 Euro monatlich zur Seite. Insgesamt wurden 89 Milliarden Euro gespart.
Die Aktienmarktschwäche und die Einbrüche bei einigen Branchen sowie bei der Automobilindustrie stellen laut Wübbenhorst jedoch Belastungsfaktoren für den Konsum dar. "Es gibt jedoch keinen Grund für überzogene Schwarzmalerei. Die dramatischen Kursverluste an den Aktienmärkten haben die deutschen Verbraucher nicht flächendeckend massiv betroffen", erklärte der Marktforscher. Denn weniger als zehn Prozent der Deutschen seien im direkten Besitz von Aktienanlagen. Es sei also vielmehr das Gefühl der Verbraucher, dass es an den Finanzmärkten nicht stimmt, was Ängste erzeugt und das Konsumklima belasten kann.
Was die mittlere Zukunft betrifft, fallen die Erwartungen der Verbraucher nicht so rosig aus. Die Konjunkturerwartungen sowie die Neigung, sich etwas anzuschaffen, seien zurückgegangen. Ob das inzwischen von der Bundesregierung beschlossene Rettungspaket für den Finanzmarkt für mehr Ruhe an den Börsen sorgen und zu einem Stimmungsumschwung beitragen könne, bleibe abzuwarten - die GfK hatte die Verbraucher nach eigenen Angaben noch vor der Verabschiedung des Pakets befragt.
Vertrauen schaffen
Die Experten sind denn auch skeptisch: "Wir hatten mit einem leichten Anstieg gerechnet, deswegen ist das für uns eine Bestätigung. Allerdings ist es eigentlich egal, ob der Index gefallen oder gestiegen wäre. Das Umfeld ist nicht so, dass man vom Konsum viel erwarten sollte", sagte Holger Sandte von der WestLB. "Die sinkende Inflation nützt, und das verbessert den Index. Wenn man die Leute aber auf der Straße fragt, ob sich ihre Stimmung verbessert hat, dann sagen sie nein. Wir reden über eine Rezession, und die Spatzen pfeifen von den Dächern, dass die Zahl der Arbeitsplätze sinken wird."
"Das Wichtigste was Politik, Banken und die übrige Wirtschaft tun können ist für Vertrauen, Vertrauen und nochmals Vertrauen zu sorgen", sagte Wübbenhorst. Bisher habe die Politik mit der Auflegung des Bankenrettungspakets das Richtige getan. "Ich hoffe, dass bei der Bewältigung der Krise auch im Wahljahr 2009 die Parteiinteressen zurückgestellt werden." Um Impulse für Konsum und Wirtschaft zu setzen könnte die Politik laut Wübbenhorst beispielsweise die steuerliche Absetzbarkeit der Krankenversicherungsbeiträge vorziehen, die Erbschaftssteuer reformieren und die Bürokratie weiter abbauen.
"Diese Maßnahmen tragen nicht nur zu einer Bodenbildung bei der Konjunktur bei, sondern wirken sich auch in besseren Zeiten positiv aus."
Der monatliche GfK-Konsumklimaindikator basiert auf Befragungen von rund 2000 Verbrauchern. Wesentliche Faktoren des Konsumklimas sind die Einkommenserwartung, die Anschaffungsneigung und die Konjunkturerwartung der Verbraucher. Die Studie wird seit 1980 erhoben.
mik/ddp/AFP/dpa-AFX