Der Hagener Zwieback-, Keks- und Schokoladenfabrikant Carl-Jürgen Brandt ist nicht gut auf seinen Konkurrenten Bahlsen in Hannover zu sprechen. Am Montag morgen vergangener Woche scheuchten ihn seine Manager im Skiurlaub in Österreich auf und lasen ihm eine SPIEGEL-Meldung vor. Damit begann eine Posse, die in Hagen, so Geschäftsführer Alfred Hellmann, »gar nicht komisch« ankam: »Uns wurde schwerer Schaden zugefügt.« Der SPIEGEL hatte berichtet, Bahlsen (1,5 Milliarden Mark Umsatz) wolle die Firma Carl Brandt (330 Millionen Mark Umsatz) schlucken. Alleininhaber Brandt rief sofort in Hannover an: Die Brüder Lorenz und Werner Michael Bahlsen, scheinbar verwundert, beteuerten, sie könnten klären«, und versprachen ein sofortiges Dementi. Doch es half nichts, schon am Nachmittag mußte Brandt seine Skistiefel abschnallen und zurück nach Hagen eilen: »Zu unserer allergrößten Überraschung« (Brandt) bestätigte das Bundeskartellamt, daß Bahlsen einen schriftlichen Antrag auf Übernahme der Hagener Firma gestellt hatte. Daraufhin waren Brandt und seine Manager tagelang damit beschäftigt, Kunden, Lieferanten und Banken zu versichern, daß die Firma nicht verkauft wird. Am Mittwoch nachmittag wurde die Produktion stillgelegt, weil Mitarbeiter auf einer Betriebsversammlung Aufklärung forderten. Erst Mitte der Woche gestanden die Bahlsen-Brüder in einem Brief an Brandt, sie hätten zwar einen Übernahmeantrag gestellt, aber nur »im Rahmen strategischer Überlegungen« erkunden wollen, wie das Kartellamt wohl solch einen Fusionsfall bewerte. Die Brüder haben sich bei Brandt für die Sandkastenspiele entschuldigt, aber das gute Verhältnis zwischen den Familien Bahlsen - neben den Brüdern gehört noch Cousin Hermann zur Geschäftsleitung - und Brandt ist getrübt. Brandt vermutet einen Bahlsen-Spion im Werk: Der Fusionsantrag war detailliert mit vertraulichen Angaben über Verkaufszahlen und Marktanteile garniert.
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