KirchGruppe Die Stille vor der Pleite

Kaum noch Hoffnung für Leo Kirch: Nachdem die Verhandlungen zwischen Gläubigerbanken und Vertretern der Minderheitsinvestoren über eine Rettung der KirchGruppe festgefahren sind, verdichten sich die Anzeichen für eine Insolvenz.

München - Offenbar steht die hoch verschuldete Kirch-Gruppe unmittelbar vor dem Aus. Sowohl in Kreisen des Unternehmens als auch der Banken wurde am Mittwoch mit der Insolvenz des Unternehmens binnen weniger Tage gerechnet. Falls es nicht noch wider Erwarten eine Wende in den Verhandlungen zwischen den Gläubigerbanken und den möglichen Investoren um den australischen Medientycoon Rupert Murdoch und den italienischen Premierminister Silvio Berlusconi gebe, sei das Insolvenzverfahren unausweichlich, hieß es auf beiden Seiten.

Damit würde sich die bislang größte Firmenpleite der deutschen Nachkriegsgeschichte anbahnen. In Unternehmenskreisen des Kirch-Konzerns hieß es am Mittwochabend, dass Kirch Insolvenzantrag stellen wolle, sobald das endgültige Scheitern der Gespräche zwischen Banken und Investoren fest stehe. Die Kirch-Gruppe habe dabei nur noch wenige Tage Spielraum, sagte ein Unternehmens-Vertrauter. Auch die Banken haben ihren Widerstand gegen ein Insolvenzverfahren offenbar aufgegeben: Ohne Einigung bei den Verhandlungen bleibe nur der Gang zum Konkursrichter, erklärte ein Vertreter eines beteiligten Geldinstituts.

Der seit Wochen andauernde Verhandlungspoker war in der Nacht zum Mittwoch zunächst ohne Ergebnis abgebrochen worden. In Bankenkreisen wurden dafür die Vertreter von Murdoch und Berlusconi verantwortlich gemacht, deren Unternehmen sich nicht an der dringend notwendigen Zwischenfinanzierung beteiligen wollten, wie es hieß. Um der Zahlungsunfähigkeit zu entgehen, bräuchte der Kirch-Konzern einen Überbrückungskredit.

Die Gläubigerbanken machten weitere Finanzspritzen von einer Beteiligung von Murdoch und Berlusconi an der Zwischenfinanzierung abhängig. Wie es aber bei den Banken hieß, zeigten Vertreter der ausländischen Medienkonzerne in den Verhandlungen kein großes Interesse an einer Lösung. Zudem hätten weder die Investoren noch KirchMedia bislang einen tragfähigen Geschäftsplan präsentiert. Die weiteren geplanten Gespräche hätten deshalb ebenfalls keine große Chance auf Erfolg. Die Lage sei sehr kritisch, eine Insolvenz rücke näher, hieß es.

"Die Gespräche dauern an", betonte ein Sprecher der Bayerischen Landesbank. Auch aus Verhandlungskreisen hieß es, die Gespräche seien nicht endgültig gescheitert und seien auch am Mittwoch fortgesetzt worden. Man sei aber dabei an einem Punkt angelangt, an dem man nicht mehr weiterkomme, wenn nicht noch etwas überraschendes passiere, berichtete ein Insider. Der Zeitdruck sei deutlich gestiegen, da sich Banken und die Investoren bislang nicht näher gekommen seien.

In Bankenkreisen hieß es weiter, es sei sehr kompliziert, einen exakten Zeitpunkt einer Zahlungsunfähigkeit des Kirch-Konzerns zu bestimmen. Die Kirch-Gruppe habe eine private Eigentümerstruktur und könne Barmittel von einem Unternehmens-Teil zum anderen verschieben. So will der Konzern laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung", um eine akute Zahlungsunfähigkeit abzuwenden, Rückstellungen beim TV-Sender "Neun Live" in zweistelliger Millionenhöhe auflösen, die eigentlich für einen neuen Reise-TV-Kanal geplant gewesen seien.

In der nun von der Insolvenz bedrohten KirchMedia ist das Kerngeschäft von Leo Kirchs Medienimperiums gebündelt. Auch die meisten anderen Kirch-Unternehmen - wie der Abosender Premiere - sind über Quergeschäfte mit der KirchMedia verflochten, weshalb die meisten der 9500 Kirch-Mitarbeiter von einer Pleite betroffen wären.

Zur KirchMedia gehören unter anderem die Beteiligungen an der ProSieben-Gruppe, Kirchs riesige Filmbibliothek, mehrere Produktionsfirmen und die Fernsehrechte an der Fußball-Bundesliga und den Weltmeisterschaften 2002 und 2006. Im Unterschied zu anderen Zweigen des Konzerns, der vor allem unter den Verlusten des Premiere leidet, warf die KirchMedia zuletzt Gewinne ab.

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