Vermeidung von CO₂-Ausstoß EU-Kommission will Gas- und Atomkraft als »grün« einstufen

Die EU-Kommission plant, Investitionen in Gaskraftwerke oder Atommeiler als klimafreundlich einzustufen. Das soll helfen, das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen. Allerdings würden damit die Technologien bis weit ins Jahrhundert hinein gefördert.
Atomkraftwerk Grohnde (Symbolbild)

Atomkraftwerk Grohnde (Symbolbild)

Foto: Julian Stratenschulte / dpa

Die EU-Kommission will Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke unter bestimmten Bedingungen als klimafreundlich einstufen. Das geht aus einem Entwurf für einen Rechtsakt der Brüsseler Behörde hervor, der am Neujahrstag kurz nach dem Versand an die EU-Mitgliedstaaten öffentlich wurde.

Investitionen in neue Kernkraftwerke sollen demnach dann als grün klassifiziert werden können, wenn die Anlagen neuesten technischen Standards entsprechen und ein konkreter Plan für den Betrieb einer Entsorgungsanlage für hoch radioaktive Abfälle ab spätestens 2050 vorgelegt wird. Zudem ist als weitere Bedingung vorgesehen, dass die neuen kerntechnischen Anlagen bis 2045 eine Baugenehmigung erhalten, wie aus dem Text hervorgeht.

Investitionen in neue Gaskraftwerke  sollen übergangsweise unter strengen Voraussetzungen ebenfalls als grün eingestuft werden können. Dabei soll zum Beispiel relevant sein, wie viel Treibhausgase ausgestoßen werden. Für Anlagen, die nach dem 31. Dezember 2030 genehmigt werden, wären dem Vorschlag zufolge nur noch bis zu 100 Gramm sogenannte CO₂-Äquivalente pro Kilowattstunde Energie erlaubt – gerechnet auf den Lebenszyklus.

Die Einstufung von Wirtschaftstätigkeiten durch die EU-Kommission soll Anleger in die Lage versetzen, ihre Investitionen auf nachhaltigere Technologien und Unternehmen umzustellen  und so wesentlich zur Klimaneutralität Europas bis 2050 beitragen. Ob Gas und Atomkraft als Teil der sogenannten Taxonomie als klimafreundlich gelten sollten, ist unter den EU-Staaten jedoch stark umstritten.

In der EU-Kommission heißt es, Erdgas und Kernenergie könnten »auf dem Weg in eine überwiegend auf erneuerbaren Energien basierenden Zukunft eine Rolle spielen«. Sie könnten dazu beitragen, den Übergang zu kohlenstoffarmen und somit klimafreundlicheren Energiesystemen zu erleichtern. So müssten Gaskraftwerke im Sinne der Taxonomie zum Beispiel spätestens 2035 auf Gase aus erneuerbaren Quellen umstellen oder sehr niedrige Emissionen haben.

Deutschland stemmt sich gegen eine Aufnahme von Kernkraft, sieht allerdings die Stromerzeugung aus Gas als notwendige Übergangstechnologie hin zur Klimaneutralität. Für Länder wie Frankreich ist hingegen die Atomkraft eine Schlüsseltechnologie  für eine CO₂-freie Wirtschaft.

Die EU-Mitgliedstaaten haben nun bis zum 12. Januar Zeit, den am späten Freitagabend von der EU-Kommission verschickten Entwurf des Rechtsaktes zu kommentieren. Eine Umsetzung kann nur verhindert werden, wenn sich eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten dagegen ausspricht. Demnach müssten sich mindestens 15 EU-Länder zusammenschließen, die mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU vertreten.

sbo/dpa
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