Studie zu wirtschaftlichen Folgen Klimawandel könnte Deutschland 730 Milliarden Euro kosten

Sollte Deutschland den Kampf gegen die Erderwärmung nicht schnell aufnehmen, drohen laut einer Studie Jahrzehnte geringeren Wachstums und hoher Arbeitslosigkeit. Doch auch die Gegenmaßnahmen haben ihren Preis.
Überschwemmungen in der Eifel im Juli

Überschwemmungen in der Eifel im Juli

Foto: Christoph Hardt / imago images/Future Image

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Die deutsche Wirtschaft könnte in den kommenden 50 Jahren durch den Klimawandel Schäden in Höhe von 730 Milliarden Euro erleiden, wenn die Politik, Wirtschaft und Bevölkerung nicht rechtzeitig gegensteuern. Davor warnt das Deloitte Economics Institute. Ohne entschiedenes Gegensteuern werde die Temperatur weltweit um drei Grad steigen, heißt es in einer Studie vor der Weltklimakonferenz in Glasgow, die an diesem Wochenende beginnt.

Die Wissenschaftler der Unternehmensberatung kommen über Modellrechnungen zu dem Schluss, dass die Folgen dieser Erderwärmung das Wachstum in Deutschland bis zum Jahr 2070 erheblich bremsen würden. »Im Durchschnitt beträgt der Wachstumsverlust 0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts pro Jahr«, heißt es in der Studie. Im Jahr 2070 hätte Deutschland 470.000 Arbeitsplätze weniger als in einer hypothetischen Welt ohne Klimawandel.

In einer solchen Drei-Grad-Welt sei die Volkswirtschaft über mindestens sechs Kanäle negativ betroffen: Hitzestress, Schäden am Kapitalstock, Verlust von Agrarland sowie von landwirtschaftlichen Erträgen, sinkende Tourismuseinnahmen und Belastungen der menschlichen Gesundheit. Der Verlust der Wirtschaftsleistung von 730 Milliarden Euro entspreche etwa dem Bruttoinlandsprodukt Nordrheinwestfalens.

Wendepunkt im Jahr 2038

Laut der Studie ergeben sich große wirtschaftliche Vorteile, wenn Deutschland konsequent gegensteuert, einen Beitrag zum globalen 1,5 Grad-Ziel leistet und bis spätestens 2050 klimaneutral wird. Das erfordere erhebliche Investitionen in den Umbau der Wirtschaft, vor allem in die Dekarbonisierung der Industrie sowie die Umstellung auf erneuerbare Energien wie Wind und Sonne, einschließlich einer zunehmenden Verbreitung von grünem, also kohlenstofffreiem Wasserstoff.

In den kommenden Jahren würde dieser Umbau der Wirtschaft der Studie zufolge das Wachstum dämpfen. Die Kosten fielen jedoch umso geringer aus, je früher der Klimawandel bekämpft werde. Im Jahr 2038 werde ein Wendepunkt erreicht, von da an werde das Wachstum sich beschleunigen und im Jahr 2070 werde das deutsche Bruttoinlandsprodukt schließlich um 2,5 Prozent größer sein, als ohne eine aktive Klimapolitik. Im Vergleich zum Nichtstun werde es 830.000 Arbeitsplätze mehr geben. Die positive Entwicklung ergebe sich zum einen durch das Ausbleiben von Schäden, zum anderen aus wirtschaftlichen Chancen wie neuen Technologien, vor allem im Bereich erneuerbare Energien.

Allerdings sei es wichtig, dass Deutschland nicht allein vorangehe. Erstens kämen die meisten wirtschaftlichen Vorteile nur dann zum Tragen, wenn die internationalen Emittenten einen ähnlich entschlossenen Ansatz verfolgten. Dies mache es erforderlich, »die Handels- und Außenpolitik mit der Klimadiplomatie in Einklang zu bringen«. Zweitens werde es große Unterschiede bei der zeitlichen Verteilung der wirtschaftlichen Vorteile und der Übergangskosten zwischen den EU-Mitgliedstaaten geben, was eine gemeinsame Lösung erfordere. »Die politischen Entscheidungsträger müssen sich auf einen gemeinsamen strategischen Ansatz einigen«, sagt Volker Krug, Vorstandschef von Deloitte Deutschland.

mhs
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