Konjunktur Wirtschaftsweise warnen vor der Anti-Agenda
Berlin - Mit ihrer Prognose bleiben die Wirtschaftsweisen unter den Erwartungen der Bundesregierung. Diese rechnet für das kommende Jahr mit einem Wachstum von zwei Prozent. Noch deutlicher ist der Abstand zu den führenden Wirtschaftsforschungsinstituten, die 2,2 Prozent erwarten. Zuvor hatte auch der Arbeitskreis Steuerschätzung eine Prognose erstellt, die hinter den Erwartungen der Regierung zurückbleibt.
Offiziell heißen die Wirtschaftsweisen "Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung". Regelmäßig legen sie Prognosen für die Konjunkturentwicklung in Deutschland vor, derzeit unter Leitung von Bert Rürup.
Diesmal rechnen die Experten damit, dass sich das Wachstum deutlich abkühlt. Nach 2,6 Prozent in diesem Jahr erwarten sie für das kommende Jahr nur noch 1,9 Prozent, berichtet das "Handelsblatt". Der Zeitung liegt das Gutachten mit dem Titel "Das Erreichte nicht verspielen" nach eigenen Angaben in Teilen vor.
Immerhin: Positive Nachrichten gibt es vom Arbeitsmarkt. In ihrem Gutachten stellen die Wirtschaftsweisen fest, dass die Arbeitslosigkeit stärker sinkt als in früheren Aufschwungphase. Sie liege im Jahresdurchschnitt 2007 mit 3,78 Millionen um 700.000 unter dem Vorjahreswert. 2008 soll sie auf 3,46 Millionen weiter sinken. Die Zahl der Erwerbstätigen steige dieses Jahr auf 39,77 Millionen und im nächsten auf 40,08 Millionen.
Der Arbeitsmarkt erlebe eine "grundlegende, nicht nur temporäre Erholung", zitiert die Zeitung aus dem Gutachten. Die Wirtschaftsweisen bescheinigten der Koalition und der rot-grünen Vorgängerregierung, dass ihre Reformen zu einer "tiefgreifenden, nicht nur zyklischen Erholung" der Wirtschaft beigetragen haben.
Allerdings komme es jetzt darauf an, die Reformen nicht zu verwässern, schreiben die Gutachter. Explizit erwähnt wird die geplante längere Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld für Ältere, für die sich beispielsweise SPD-Chef Kurt Beck einsetzt.
Die Weisen warnten eindringlich davor, die jüngsten wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Erfolge durch Wahlgeschenke zu verspielen. Der wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland sei intakt; er werde aber durch die jüngsten Überlegungen der Regierung - etwa zum Mindestlohn - gefährdet, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" aus dem Gutachten.
So erfreulich die gute Konjunktur in diesem Jahr sei, "so unbefriedigend ist es, dass hinter einer ganzen Reihe der in der letzten Zeit angestrebten oder bereits ergriffenen Maßnahmen keine klare wirtschaftspolitische Strategie erkennbar ist, sondern mehr wahltaktische Überlegungen durchscheinen", heißt es in dem knapp 500 Seiten dicken Gutachten.
wal/ddp/Reuters/dpa-AFX