Konjunkturprogramm Briten planen Steuersenkung noch vor Weihnachten
London/Hamburg - Am Montag will Großbritanniens Premierminister Gordon Brown seine Pläne zur Ankurbelung der Konjunktur in seinem Land offiziell vorstellen. Das Wirtschaftsrettungspaket soll britischen Presseberichten zufolge ein Volumen von 15 Milliarden Pfund haben. Mit dem Geld sollen steuerliche Anreize finanziert werden, heißt es.

Britischer Premier Brown: Hilfe vor allem für ärmere Familien
Foto: AFPWichtigster Schritt dürfte dabei die Senkung der Mehrwertsteuer von derzeit 17,5 Prozent auf 15 Prozent sein. Tiefer darf die Mehrwertsteuer nach EU-Vorgaben jedoch nicht sinken. Ein oder zwei Jahre dürfte sie in Großbritannien auf diesem niedrigen Niveau bleiben. Pro Jahr kostet das den britischen Haushalt rund 12,5 Milliarden Pfund. Es wäre das erste Mal überhaupt in Großbritannien, dass die Mehrwertsteuer gesenkt wird.
Die britische Regierung hat der "Sunday Times" zufolge mehrere Möglichkeiten der Wirtschaftshilfe geprüft und sich schließlich für eine Senkung der Mehrwertsteuer entschieden. Dies sei der wirksamste Schritt zur Stimulierung der Wirtschaft, da er einen direkten Anreiz für die Verbraucher darstelle, mehr Geld auszugeben. Das britische Finanzministerium wollte auf Anfrage von Journalisten nicht bestätigen, dass die Senkung der Steuer noch vor Weihnachten in Kraft treten könnte.
"Vorweihnachtlicher Kaufrausch"
Der "Guardian" berichtet, Schatzkanzler Alistair Darling beabsichtige die Steuersenkung, um die Briten in einen "vorweihnachtlichen Kaufrausch" zu locken. Selbst Kritiker von Darling und Brown in deren Labour-Partei unterstützten diesen Schritt, heißt es in dem Bericht. "BBC News" zufolge sei es das Ziel der Regierung, zusätzliches Geld in die Taschen der Menschen zu leiten, damit diese es so schnell wie möglich ausgeben und damit die Wirtschaft ankurbeln.
Der Plan der britischen Regierung sieht den Berichten zufolge weitere Steuerkürzungen vor: Ein bereits geltender 120-Pfund-Abschlag für durchschnittliche Steuerzahler soll verlängert werden. Eine Anhebung der Autosteuer soll verschoben werden. Pläne, Körperschaftssteuern für kleinere Unternehmen anzuheben, sind vorerst vom Tisch. Und britische Konzerne sollen mit Steuervergünstigungen überzeugt werden, ihr Geld lieber im Land anstatt im Ausland zu investieren.
Darling schreibt im "Sunday Mirror", "jedem Haushalt" in Großbritannien werde in der bevorliegenden schwierigen Zeit geholfen. "Ich will die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht herunterspielen, aber ich bin zugleich zuversichtlich, dass wie sie mit vernünftigen und verantwortungsvollen Maßnahmen bewältigen können." Premier Brown verspricht, dass sich seine Regierung vor allem um ärmere Familien kümmern werde.
Insgesamt rechnen Beobachter wegen der Konjunkturhilfen mit einer wesentlich größeren Staatsverschuldung als bisher. Folge werde sein, dass die Steuern in wirtschaftlich besseren Zeiten wieder deutlich angehoben würden.
Kanzlerin lehnt schnelle Steuersenkung ab
In Deutschland stoßen Forderungen nach Steuersenkungen auf Ablehnung bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Angesichts der Konjunkturkrise sieht sie sich immer häufiger mit entsprechenden Forderungen aus der Wirtschaft, aber auch aus der Union konfrontiert. Als erstes Regierungsmitglied kritisierte Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) das kürzlich beschlossene Konjunkturprogramm als nicht ausreichend.
Glos fordert im SPIEGEL-Gespräch ähnlich wie CSU-Chef und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer zusätzliche Steuersenkungen noch vor der Bundestagswahl im September 2009.
Merkel plant solche Schritte erst für 2010. Auch der Chef der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung Josef Schlarmann und der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, verlangen weitere steuerliche Entlastungen. Merkel weist das zurück.
Vergangene Woche hatte auch der Wirtschaftsweise Peter Bofinger eine Senkung der Mehrwertsteuer in Deutschland als "kurzfristige Maßnahme" gegen die Konjunkturkrise gefordert. Man könne zum Beispiel den Steuersatz von derzeit 19 Prozent im kommenden Jahr temporär um zwei bis drei Prozent senken, schlug er vor.
kaz