Krisenbank Chef der Hypo Real Estate erhöht Druck auf Regierung
Berlin - Deutlicher Appell von der Hypo Real Estate (HRE): Der Vorstandschef der angeschlagenen Immobilienbank sagt, es könne nötig sein, dass die HRE in den nächsten Monaten erneut Staatshilfen brauche. "In diesen Zeiten kann niemand etwas ausschließen", sagte Axel Wieandt der "Bild"-Zeitung. "Die Rahmenbedingungen an den Märkten können sich ständig positiv wie negativ verändern."
Der Lenkungsausschuss des Banken-Rettungsfonds Soffin berät am Freitag über Wege für eine Staatsbeteiligung an dem kriselnden Institut - Beschlüsse sollen in dieser Sitzung nach Angaben aus Regierungskreisen aber noch keine gefasst werden. Das Münchner Institut soll Finanz- und Parlamentskreisen zufolge Kapital von mindestens zehn Milliarden Euro bekommen. Dafür dürfte dem Staat die Mehrheit an der Bank zufallen.
Zur Diskussion stehe auch ein Enteignungsgesetz für angeschlagene Finanzinstitute, berichtet Reuters mit Verweis auf Koalitionsinsider. Dieses solle nach den Vorstellungen des Finanzministeriums eine schnelle staatliche Übernahme der HRE ermöglichen - ohne ein zeitlich aufwändigeres Verfahren mit Beschlüssen der Hauptversammlung und Zwangsabfindungen verkaufsunwilliger Aktionäre. Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz begrenzt eine direkte Staatsbeteiligung ohne Zustimmung der Altaktionäre bisher auf 33 Prozent. Eine ordentliche Hauptversammlung einzuberufen gilt als zu kompliziert und langwierig. In der Unionsfraktion gebe es dagegen allerdings noch Vorbehalte.
"Wir würden es sehr begrüßen, wenn der Bund bei uns einsteigen und den Fortbestand der Hypo Real Estate langfristig sichern würde", sagte Wieandt. Die Bank sei überlebensfähig, "davon bin ich völlig überzeugt". Wieandt kündigte an, das Pfandbriefgeschäft werde künftig Kern des HRE-Geschäftsmodells sein. Der Pfandbrief als besichertes Wertpapier habe sich auch in der Krise bewährt.
Auch in der "Süddeutschen Zeitung" fordert Wieandt einen schnellen Staatseinstieg - und malt ein düsteres Szenario für den Fall, dass dies nicht geschehe. "Die Hypo Real Estate hat nur mit Unterstützung des Bundes eine positive Zukunft", sagte Wieandt. "Wir haben immer gesagt, dass Eigenkapitalhilfen nötig sind, um die Fortführung der Bank zu ermöglichen."
Wieandt warnte zugleich davor, die Hypo Real Estate fallenzulassen: "Ein Zusammenbruch unserer Bank birgt hohe Risiken für andere Elemente des Finanzsystems. Die Eskalation der Finanzkrise nach dem Fall von Lehman hat gezeigt, welche Auswirkungen Kettenreaktionen an den Märkten haben können." Die Insolvenz der US-Investmentbank wird von vielen Experten als Grund dafür gesehen, dass die Finanzkrise Mitte September 2008 mit voller Wucht ausbrach.
Der Manager verwies auch darauf, dass die Bilanzsumme der Hypo Real Estate mit 400 Milliarden Euro ähnlich hoch sei wie die der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers. Für die Hypo Real Estate sei es derzeit nur schwer möglich, neue Kredite von privaten Kapitalgebern zu bekommen: "Für uns ist es im Moment sehr schwierig, uns an den Finanzmärkten zu refinanzieren", sagte der HRE-Chef. "Wenn der Bund einsteigt, wäre dies das Vertrauenssignal, auf das die Märkte warten. Dann sind wieder ganz andere Kredite an uns möglich."
Im Falle eines Einstiegs des Bundes sei der Vorstand der HRE zur Absenkung des Gehalts auf 500.000 Euro bereit: "Der Vorstand würde das natürlich akzeptieren und die Gehälter, wo erforderlich, auf das notwendige Niveau senken."
Bonuszahlungen an Mitarbeiter schließt Wieandt auch nach einem größeren Engagement des Bundes nicht aus. "Die Vergütung der Mitarbeiter hat sich auch an der wirtschaftlichen Lage der Bank zu orientieren. Allerdings müssen wir in einigen Bereichen beste Spezialisten beschäftigen - und da müssen wir im Interesse der Bank flexibel sein", sagte er der "Bild"-Zeitung.
Zähes Ringen um HRE-Enteignung
Die Bundesregierung ringt seit Wochen um einen Einstieg bei der HRE, die mit Finanzhilfen von insgesamt 92 Milliarden Euro gestützt wird. Die HRE hatte die auf die Staatsfinanzierung fokussierte Depfa vor gut einem Jahr für mehr als fünf Milliarden Euro übernommen. Das Institut mit Sitz in Irland verspekulierte sich aber und geriet in der Finanzkrise in einen massiven Liquiditätsengpass (siehe Infobox).
Am 27. März will die Hypo Real Estate nach bisherigen Planungen ihre Geschäftszahlen für 2008 vorlegen. Es wird erwartet, dass diese tiefrot ausfallen. Auch 2009 rechnet der Vorstand nicht mit Gewinnen, zumal die Staatshilfe sehr teuer ist.