Künftiger BMW-Chef Der Werk-Meister

Die nicht enden wollenden Gerüchte haben die Entscheidung beschleunigt: Früher als erwartet will der Aufsichtsrat die Nachfolge von BMW-Chef Helmut Panke regeln. Hausintern natürlich - Kronprinz ist von nun an Produktionsvorstand Norbert Reithofer.

Berlin - Als Norbert Reithofer vor einigen Monaten in der südindischen Provinz Madras landete, stand das Empfangskommitee bereit: Mehrere BMW-Limousinen warteten blank geputzt am Flughafen. Für die abenteuerliche Reise von Bombay aus hatten die BMW-Testingenieure mehrere Tage und Nächte gebraucht. Sie waren erst kurz vor Reithofers Landung angekommen.

Es hätte Ausreden gegeben, um den aufwändigen Chauffeurdienst zu umgehen - die gefährliche Route oder das exakt abgestimmte Testprogramm. Dass es sich die Crew trotzdem nicht nehmen ließ, ihrem Produktionsvorstand die Ehre zu erweisen, kann durchaus als Beleg dafür gelten, welche Anerkennung Reithofer im BMW-Konzern genießt.

Kein Wunder: Der Maschinenbauingenieur ist Architekt des Produktionssystems, das als einer der entscheidenden Erfolgfaktoren von BMW   gilt. Die Werke in München, Dingolfing, Regensburg und Leipzig gelten in der Branche als Maßstab für Flexibilität. Selbst Experten von Toyota  , die sonst die effizientesten Fabriken der Welt betreiben, reisen mittlerweile an, um von den Münchnern zu lernen. Die Kunden können dort ihren Auftrag noch sechs Tage vor Montagebeginn ändern - eine in der Branche einmalige Gelegenheit, die in jedem Monat rund 140.000 Käufer nutzen. Und die meisten von ihnen bestellen Zusatzausstattungen, mit denen die Münchner Umsatz und Profit noch einmal steigern.

Trotzdem dürfte der Name Reithofer bisher nur Eingeweihten bekannt sein. Denn großes Aufhebens um die eigenen Meriten zu machen, das ist nicht Sache der BMW-Leute. Darin unterscheidet sich der 50-Jährige nicht von den Kollegen, die ebenfalls als Kandidaten für die Nachfolge des Noch-Chefs Helmut Panke galten: dem 42-jährigen Finanzvorstand Stefan Krause oder Vertriebschef Michael Ganal. Als in einer Gesprächsrunde vor einigen Monaten der Grundriss des Leipziger BMW-Werks in den höchsten Tönen gelobt wurde, verwies Reithofer auf einen jungen Ingenieur, der den entscheidenden Beitrag zu dem Konzept geleistet hatte, anstatt sich die Lorbeeren selbst anzuheften.

Kein harmoniebetonter Softie

Nur vor ein paar Tagen fielen Reithofer und Krause aus der Rolle, als sie öffentlich daran erinnerten, dass eine Führungskraft bei BMW in den Ruhestand verabschiedet werden muss, wenn sie das sechzigste Lebensjahr erreicht. Panke hätte diese hausinterne Regelung gerne für einen Moment ausgesetzt, um seinen eigenen Vertrag noch einmal verlängert zu bekommen.

Daraus auf hausinterne Zwistigkeiten zu schließen, wie sie in den Vorstandsetagen der Konkurrenten gang und gäbe sind, wäre jedoch falsch. Auch das nun einer der anderen Kandidaten seinen Vorstandsposten hinschmeißt, weil er nicht zum Zuge kommt, gilt als höchst unwahrscheinlich. "Ein Fall Cordes ist bei uns nicht denkbar", sagte ein Vorstandsmitglied kürzlich dem "Handelsblatt" in Anspielung auf den früheren DaimlerChrysler  -Manager Eckhard Cordes.

Ein allein auf Harmonie geeichter Softie ist Reithofer dennoch nicht. Der Mann ist durchaus fähig, schmerzhafte Entscheidungen durchzusetzen. Etwa die, Nischenmodelle künftig nicht mehr von den Zulieferern montieren zu lassen, sondern in den eigenen Fabriken. Vor allem Magna Steyr trifft das hart. Der Zulieferer produziert in Graz derzeit den BMW-Geländewagen X3 - noch. Nach Ansicht von Branchenexperten dürfte es schwierig werden, den Verlust des Auftrags auszugleichen, schließlich baut Magna Steyr gut 100.000 X3 pro Jahr.

Reithofer gilt dennoch als Teamplayer - und daran wird sich wohl auch nach dem Wechsel auf den Vorstandssessel nichts ändern. Auch von Seiten des Aufsichtsrats dürfte er größtmögliche Unterstützung erfahren. Reithofer gilt als Ziehkind von Aufsichtsratschef Joachim Milberg. Als der Vorgänger Pankes noch Uniprofessor in München war, gehörte Reithofer zu seinen talentiertesten Studenten. Milberg holte ihn schließlich im März 2000 in sein Vorstandsteam.

Er hat diese Entscheidung bisher offensichtlich zu keinem Zeitpunkt bedauert.

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