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UNTERNEHMER Läppischer Betrag

Der saudische Milliardär und Waffenhändler Kaschoggi ist in Zahlungsschwierigkeiten geraten. *
aus DER SPIEGEL 6/1987

Wo immer an Kriegen und Militärputschen etwas zu verdienen war, bot ein kleiner korpulenter Araber seine Dienste an: Adnan Kaschoggi konnte über vielfältige Verbindungen, Waffen aller Art liefern.

Die Verbindungen hat er stets gepflegt, und seine Partner läßt er auch heute nicht verkommen. Als am Donnerstag vergangener Woche der geflüchtete Diktator der Philippinen aus seinem Exil auf Hawai nach Manila zurückkehren wollte, hatte ein libanesischer Freund Kaschoggis eine Boeing 707 für Ferdinand Marcos gechartert. Über seinen Freund Marcos hatte der Araber früher manch einträgliches Waffengeschäft gefingert.

Doch die schönen Zeiten scheinen auch für Kaschoggi vorbei. Einen Tag bevor der Coup in Manila mißlang, geriet auch der Marcos-Freund in ernsthafte Schwierigkeiten: Die Kaschoggi-Holding Triad America Corp. war zahlungsunfähig geworden.

Triad mußte in der vergangenen Woche unter den Schutzschirm der amerikanischen Pleite-Gesetze flüchten und Artikel elf des US-Konkursrechts in Anspruch nehmen. Danach bleibt ein zahlungsunfähiges Unternehmen so lange vor den Forderungen seiner Gläubiger verschont, bis ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept vorliegt.

Daß Kaschoggi, der einmal als einer der zehn reichsten Männer der Welt galt, knapp bei Kasse ist, kommt nicht überraschend. Bereits im Sommer vergangenen Jahres blieb der geschäftstüchtige Araber hin und wieder Rechnungen schuldig. Triad-Vorstandsmitglied Emanuel A. Floor gab »ein Liquiditätsproblem« zu.

Im vergangenen Monat schließlich wurden zwei Kaschoggi-Flugzeuge zeitweilig an die Kette gelegt. Auch der Lieblings-Jet des Waffenhändlers war dabei: eine DC-8, die Kaschoggi 1982 für 31 Millionen Dollar gekauft und für weitere neun Millionen luxuriös ausgestattet hatte. Allein das Geschirr kostete 750000 Dollar.

Tiny Rowland, Chef des britischen Lonrho-Konzerns, hatte die DC-8 in Paris pfänden lassen. Kaschoggi schuldete ihm 2,5 Millionen Dollar zuzüglich fast 500000 Dollar aufgelaufener Zinsen - einen für dessen Verhältnisse läppischen Betrag.

Zwar wurde der märchenhafte Reichtum des saudischen Waffenhändlers vermutlich schon immer ein wenig überschätzt. Aber Kaschoggi war zweifellos Weltmeister im Geldausgeben.

Für seine Flugzeuge und Villen, für Mädels, Champagner und Kaviar, für seine 70-Millionen-Dollar-Yacht »Nabila« und andere standesgemäße Aufwendungen gab Kaschoggi, wie Insider schätzen, Tag für Tag 250000 bis 300000 Dollar aus. Seit knapp einem Jahr ist er ein wenig sparsamer geworden.

Kaschoggis Schwierigkeiten begannen, als er sich daran machte, über seine amerikanische Holding Triad einen weltumspannenden Konzern zu installieren. Da zeigte sich, daß ein begabter Schieber nicht unbedingt ein tüchtiger Konzernstratege sein muß.

Niemand hat so erfolgreich riesige Provisionen kassiert wie Adnan Mohammed Kaschoggi. Sein Aufstieg begann 1956, als er der saudischen Armee Lastwagen vermittelte, ein paar Jahre später war er Repräsentant von Rolls-Royce und anderen Autofirmen in Saudi-Arabien.

Richtig Geld machte er nach dem arabisch-israelischen Krieg von 1973, als die arabischen Länder aufrüsteten. Zwischen 1970 bis 1975 bezog Kaschoggi allein von dem amerikanischen Flugzeughersteller Lockheed Provisionen von 106 Millionen Dollar. Für die Rüstungsindustrie wurde Kaschoggi so unentbehrlich, daß er seinen Provisionssatz von anfangs 2,5 auf bis zu 15 Prozent hochschrauben konnte. Milliarden-Aufträge makelte er nicht nur im Rüstungs-. sondern auch im Ölgeschäft. Er verdiente Geld mit Immobilien, investierte in Banken und High-Tech-Firmen.

Doch viele ehrgeizige Projekte mißrieten dem vermeintlich unermeßlich reichen Waffenhändler. Ein 600-Millionen-Dollar-Vorhaben für den touristischen Aufbau Ägyptens ging schief, ebenso ein weit aufwendigeres Projekt zur Wirtschaftsentwicklung des Sudan. Seine US-Holding Triad in Salt Lake City, Steuerzentrale für die diversen Unternehmungen, wurde bescheidener als anvisiert. Auf eine Milliarde Dollar war das Unternehmen veranschlagt. Doch das 400-Millionen-Dollar-Kernstück, Triad Center, ein Komplex aus Bürogebäuden, Läden und Hotels, droht zu scheitern. Der gigantische Komplex im US-Staat Utah war erst zu einem Drittel fertig, da stockten die Arbeiten, weil das Geld knapp wurde.

Den Geldgebern kamen Zweifel an Kaschoggis Zahlungskraft. »Sie gaben Kredite gegen das Pfand, das Triad Center«, klagte Kaschoggi vor zwei Wochen, »und jetzt hören sie Gerüchte über meine Liquiditätsprobleme und fordern die Kredite zurück.« In seiner Finanznot hatte Kaschoggi eine Triad-Tochterfirma, die Edginton Oil, abgestoßen. Aber die Banken wurden mißtrauisch, als sie den Namen des Käufers erfuhren: Es war die Skyhigh Resources Ltd. aus Vancouver, an der Kaschoggi beteiligt ist. Kaschoggi, so vermuteten die Banken, schiebe in seinem Imperium Firmen hin und her, um seine Bilanzen zu schönen.

Die Zweifel an der Finanzkraft des saudischen Geschäftsmannes verstärkten sich, als Einzelheiten aus Präsident Reagans umstrittenen Waffengeschäft mit dem Iran bekannt wurden. Kaschoggi war in seinem angestammten Metier - der Waffenschieberei - gescheitert.

Er hatte diesmal wohl zuviel Geld für dunkle Geschäfte riskiert und zwölf Millionen Dollar in den Sand gesetzt. Der Ruf des Handelsgenies ist dahin, die Geldgeber wollen ihre Kredite zurück.

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In seiner DC-8, nach der Rückgabe der Maschine am 25. Januar.

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