Lagerfeld-Aktion von H&M Letzte Chance auf dem Schwarzmarkt

Die Kreationen von Karl Lagerfeld bei H&M sind weit erfolgreicher, als selbst Optimisten es für möglich gehalten hatten. Nach nur zwei Handelstagen sind nur noch vereinzelt Teile der Kollektion in den Filialen zu finden. Dafür bekommt man sie jetzt bei eBay - mit sattem Preisaufschlag.

Frankfurt am Main - Es ist das simpelste Stück in der Lagerfeld-Kollektion: ein schlichtes weißes T-Shirt mit dem Konterfei des Meisters, mit wenigen Strichen gezeichnet, fast wie ein Comic, aber doch unverkennbar. Für 14,90 hing es in den H&M-Filialen.

Jetzt nicht mehr. Wer am Montag überhaupt noch ein Stück der Kollektion finden will, muss schon großes Glück haben, sagt ein Firmensprecher. Beim T-Shirt mit dem Lagerfeld-Kopf sogar ganz, ganz großes Glück. Noch selten hat ein Kleidungsstück innerhalb von so kurzer Zeit Kultstatus erlangt.

Einen Großteil dazu hat bestimmt auch die offensive und ungewöhnlich kunstvolle Werbestrategie beigetragen: Der Kino-Spot, der auch auf der H&H-Webseite zu sehen ist, gilt unter Werbefilmern bereits als heißer Kandidat für Ehrungen jeder Klasse. In Berlin zierte ein ganzseitiges Werbefoto die Seite eins des "Tagesspiegels", das Lagerfeld, ein Modell in Chiffonbluse und den Preis des Kleidungsstücks abbildete - die Werbeseite sorgte übrigens innerhalb der Redaktion für heftigen Wirbel. Auch im "Hamburger Abendblatt" und "Frankfurter Rundschau" trat Lagerfeld auf. Diesmal aber nur auf einem halbseitigen Umklapper.

Die Aktion des schwedischen H&M-Konzerns und des Modezaren hatte schon am Freitag für Aufsehen gesorgt. So bildeten sich etwa in Frankfurt am Main vor den Shops schon vor Ladenöffnung Schlangen wie sonst beim Schlussverkauf. In Hamburg kam es zu regelrechten Tumulten zwischen den Kleiderständern. Dass die Garderoben überfüllt waren, störte wenig. In der Masse fand die Einzelne ohnehin so wenig Beachtung, dass Sichtschutz nicht nötig war. Nicht wenige Kundinnen kauften sogar gleich die gesamte Kollektion, anstatt sich auf Einzelteile zu beschränken.

Bei H&M freut man sich übrigens nicht allein über den Erfolg der Verkaufsaktion. Besonderen Wert legt Pressesprecher Mathias Geduhn auf die Tatsache, dass der Mode-Discounter damit einen ganz neuen Kundenkreis erschlossen hat. "Häufig waren in den letzten beiden Tagen Frauen zu sehen, die Handtaschen von Gucci und Prada am Arm trugen - und zwar keine Imitate", sagt Geduhn gegenüber SPIEGEL ONLINE. Und viele von ihnen hätten sich auch sehr aufgeschlossen gegenüber den hauseigenen Designern gezeigt. Im Idealfall könnte H&M also das geschafft haben, was Aldi mit dem Angebot von Champagner oder Chablis schon lange geschafft hat - nämlich zur Einkaufsadresse für alle Klassen zu avancieren.

Wer keine Zeit für den Bummel entlang der H&M-Regale hatte - oder angesichts der Menschenmassen kalte Füße bekommen hat - kann jetzt bei eBay stöbern. Dort nämlich tauchen die Lagerfeld-Klamotten bereits in Massen auf. 430 Angebote sind unter Rubrik Kleidung/Lagerfeld zu finden, der Löwenteil davon sind H&M-Stücke.

Und wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die Mode-Kette schlicht zu wenig von dem Zeug produziert hat, man fände ihn hier. Gerade einmal 24 Stunden ließ zum Beispiel der Verkäufer mit dem Decknamen "sikoe" den Bietern Zeit zum Überlegen. 23 Gebote gingen in der kurzen Zeit für das T-Shirt mit dem Lagerfeld-Konterfei ein, der Preis stieg unaufhörlich. Den Zuschlag bekam schließlich "malcesinereisen" - für satte 41,50 Euro, also fast das Dreifache des ursprünglichen Preises. "Ich habe Kämpfen müssen, weil viele Leute das T-Shirt auch haben wollten. Aber ich habe es ja dann, doch bekommen. Ich musste das T-Shirt haben, unbedingt, egal wie viel es kostet, weil Karl Lagerfeld, mein großes Idol ist", schreibt "malcesinereisen", später an SPIEGEL ONLINE.

Wer jetzt nicht zugreift, könnte übrigens endgültig das Nachsehen haben: Eine Neuauflage der Lagerfeld-Kollektion ist nicht geplant. "So etwas machen wir grundsätzlich nicht", sagt H&M-Sprecher Geduhn. Auch eine erneute Zusammenarbeit mit Lagerfeld oder einem anderen Designer seines Kalibers sei vorerst nicht angedacht.

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