Lebensversicherungen Riesenboom durch Angst vor Altersarmut

Die Sorge der Bundesbürger um ihre private Altersversorgung und die geplante Besteuerung von Kapitallebensversicherungen hat der Versicherungswirtschaft in diesem Jahr ein außerordentlich gutes Geschäft beschert. Die Lebensversicherer rechnen bis zum Jahresende mit 7,45 Millionen neuen Verträgen und einem Plus von insgesamt 35 Prozent im Neugeschäft.

Berlin - Die Versicherer jubeln aber trotz des großartigen Geschäfts nicht. Sollten die Pläne der Bundesregierung für die Besteuerung von Kapitallebensversicherungen umgesetzt werden, befürchtet der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) dramatische Einbrüche. Verbandpräsident Bernd Michaels warf der Bundesregierung vor, der privaten Altersvorsorge schwersten Schaden zuzufügen.

Insgesamt werden die Bundesbürger in diesem Jahr rund 111 Milliarden Mark Beiträge für ihren Versicherungsschutz aufbringen. Dies bedeutet ein Plus von 7,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Größter Wachstumsmotor waren die Neuabschlüsse, die allerdings, wie Michaels einräumte, schon vor Beginn der Steuerdiskussion massiv angestiegen waren. So erhöhten sich im ersten Halbjahr 1999 die Einmalbeiträge um 44,4 Prozent auf 6,32 Milliarden Mark, während die laufenden Beiträge mit 6,03 Milliarden Mark um 14,6 Prozent über dem Vorjahreswert lagen.

Michaels warf der Bundesregierung vor, Kapitallebensversicherungen im Vergleich zu risikoreichen kurzlaufenden Geldanlagen diskriminieren zu wollen. Der geplante Freibetrag von 20.000 Mark reiche bei weitem nicht aus, um den Kapitalbedarf beim Übergang in den Ruhestand zu decken. Sollte das Gesetz wider Erwarten durchkommen, sei ein dramatischer Einbruch im Neugeschäft der Lebensversicherer zu erwarten. Unabhängig von der endgültigen Regelung habe die Bundesregierung der privaten Altersvorsorge schon jetzt schwer geschadet und den Lebensversicherern auf mittlere Sicht eine seriöse Planung fast unmöglich gemacht.

Neben den Zuwächsen bei den Lebensversicherern sorgten auch die privaten Krankenversicherer für Beitragswachstum. Sie konnten ihre Umsätze um 3,2 Prozent auf 39 Milliarden Mark steigern. Dagegen führte der anhaltende Preis- und Tarifwettlauf in der Schaden- und Unfallversicherung zu einem erneuten Beitragsrückgang auf gut 93 Milliarden Mark. Das Beitragsvolumen in der Autoversicherung sank um 0,7 Prozent auf fast 39 Milliarden Mark.

Insgesamt stiegen die Beitragseinnahmen der Verbandsmitglieder um rund 3,7 Prozent auf fast 246 Milliarden Mark. Das Leistungsvolumen lag den Angaben zufolge mit 290 Milliarden Mark deutlich darüber. Dies liege daran, dass hier nicht nur die Auszahlungen an Kunden, sondern auch die Rückstellungen für Versicherungsfälle sowie Beitragsrückerstattungen erfasst würden.

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