DEVISEN-AUSGLEICH Leise Drohung
Der Kanzler möchte noch mehr sparen -- diesmal beim Devisen-Ausgleich mit den USA. Und weil er den zuständigen Ressorts -- Verteidigungsministerium und Auswärtiges Amt -- offensichtlich nicht genügend Härte gegenüber den Amerikanern zutraut, nahm Helmut Schmidt die widrige Angelegenheit selbst in die Hand.
Achtmal hat die Bundesrepublik seit 1961 mit den USA ein Abkommen über Devisen-Ausgleich geschlossen, rund 40 Milliarden Mark setzte Bonn in dem Transfer mit dem Bündnispartner ein. Zweck der Übung: Deutsche Waffenkäufe und Kredite sollten die Devisen-Verluste ausgleichen, die den Amerikanern durch den Unterhalt ihrer knapp 200 000 Soldaten in der Bundesrepublik entstehen.
Das letzte sogenannte Offset-Abkommen lief Mitte vorigen Jahres aus, und seither haben die Amerikaner immer wieder wissen lassen, wie sehr sie an einem neuen Vertrag interessiert sind. Doch diesmal zeigt Bonn sich unwillig. Ein Schmidt-Vertrauter: »Wir zahlen nichts mehr.«
Geschäftsgrundlage der Ausgleichsabkommen, so die Position des Bonner Regierungschefs, sei bis zu Beginn der· siebziger Jahre die negative Zahlungsbilanz der Vereinigten Staaten gewesen. Doch nach der Dollar-Abwertung 1973 und seit dem Ende des Vietnamkriegs habe sich Washington wieder ein komfortables Devisen-Polster zugelegt. Mithin entfalle auch die Rechtfertigung für neue Bonner Zahlungsverpflichtungen. »Die USA«, doziert Schmidt, »haben kein Zahlungsbilanzproblem mehr, daher muß das Problem von Grund auf überdacht werden.«
Die Geschäftsgrundlage hat sich freilich nicht nur wegen der gesundeten US-Zahlungsbilanz gründlich geändert. Mindestens ebenso schwer wiegt, daß die Bundeswehreinkäufer immer weniger Nachschub in den USA bestellen können.
Während der ersten drei Devisen-Abkommen, von 1961 bis 1967, war es für Bonn ein leichtes, die US-Zahlungsbilanz durch Milliardenkäufe an amerikanischem Kriegsgerät aufzubessern: Die Grundausrüstung der westdeutschen Streitmacht wurde damals auf Sollstärke gebracht, und mangels einer eigenen Rüstungsindustrie waren die USA der ideale Lieferant. --
Seit aber deutsche Waffenschmieden, oft im Verbund mit europäischen Partnern, wieder kräftig mitmischen, gehen die amerikanischen Rüstungskonzerne immer häufiger leer aus: > Die Luftwaffe besorgt sich ihre neue Jet-Generation, das Erdkampf-Flugzeug »Alpha Jet« und die Mehrzweck-Maschine MRCA, bei europäischen Firmen. Die Amerikaner, die den Deutschen im Verlauf der letzten 15 Jahre über 800 »Starfighter« und 263 »Phantoms« lieferten, haben das Nachsehen. > Die Marine will Fregatten zum Stückpreis von rund 350 Millionen Mark in Deutschland auf Kiel legen lassen; Schiffe von US-Werften, die den Deutschen in den letzten Jahren drei Raketenzerstörer für je 207 Millionen verkauften, stehen nicht zur Debatte.
* Das Heer bezieht bei deutsch-französischen Konzernen die Flugabwehrrakete »Roland« und die Panzerabwehrraketen »Hot« und »Milan« -- amerikanische Produzenten haben derzeit nichts Gleichwertiges anzubieten.
Der Trend ist nicht neu. Bereits 1967 hatten die Konstrukteure des Devisen-Abkommens deshalb einen Ausweg einschlagen müssen: Seither leistet die Bundesrepublik ihren Devisen-Ausgleich an die westliche Supermacht nicht mehr allein durch Waffenkäufe. sondern bis zu 40 Prozent (bei den letzten drei Verträgen) durch den Ankauf von Schatzwechseln. Für rund 11,25 Milliarden Mark erwarb die Frankfurter Bundesbank Schuldscheine bei den Amerikanern, die niedriger als marktüblich verzinst werden, und trug so zur Kreditfinanzierung des US-Etats bei.
Diese Form des Devisen-Ausgleichs noch weiter zu verstärken, wäre nach Bonner Lesart unsinnig. Denn die Bundesbank hat ohnehin einen Großteil ihres Dollar-Vermögens in den USA angelegt -- insgesamt gegenwärtig rund 48 Milliarden. Mark, die freilich gute Zinserträge abwerfen.
Gegenüber US-Journalisten hatte Kanzler Schmidt denn auch bei seiner letzten Washington-Visite im Oktober leise gedroht, Bonn werde von diesen Anlagewerten drei bis fünf Milliarden Dollar abziehen, falls die US-Regierung auf ein neues Abkommen dränge.
Der Wink scheint seine Wirkung auf Präsident Gerald Ford und Außenminister Henry Kissinger nicht verfehlt zu haben. Die USA, so vermelden Bonner Experten, würden sich allmählich damit abfinden, daß das ausgelaufene achte Devisen-Abkommen auch das letzte war.