Liechtenstein-Affäre Ermittler treiben 110 Millionen Euro Steuernachzahlungen ein
Essen/Bochum - Gut 110 Millionen Euro an Nachzahlungen hat die Staatsanwaltschaft Bochum bereits eingetrieben. Das schreibt die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung" unter Berufung auf Oberstaatsanwalt Eduard Güroff. Das Geld stammt dem Blatt zufolge von deutschen Anlegern, die ihr Vermögen in Stiftungen in Liechtenstein bunkerten, wo es sich unbemerkt vom deutschen Fiskus vermehrte.
Viele Steuersünder hielten den Druck offenbar nicht mehr aus: Manche hätten das Geld gezahlt, obwohl ihre Verfahren noch nicht abgeschlossen seien, sagt Güroff. Die Zahl der Ermittlungsverfahren sei stark gestiegen, es gebe jetzt 350 Fälle.
Die Affäre wurde im Februar durch eine Hausdurchsuchung beim damaligen Post-Chef Klaus Zumwinkel bekannt. Wegen der Steuerhinterziehungsvorwürfe trat der Manager kurz darauf zurück. Der BND hatte einem Informanten für mehrere Millionen Euro eine DVD mit den Daten mutmaßlicher deutscher Steuerhinterzieher abgekauft und an die Strafverfolgungsbehörden weitergegeben.
Heute muss sich erstmals ein Angeklagter vor Gericht im Zusammenhang mit der Affäre verantworten. Am Landgericht Bochum ist ein 66-jähriger früherer Immobilienkaufmann aus Bad Homburg angeklagt, weil er zwischen 2001 und 2006 über Stiftungen rund 7,5 Millionen Euro Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von rund 400.000 Euro hinterzogen haben soll. Der Mann ist geständig und hat nach Angaben eines Gerichtssprechers die nicht gezahlten Steuern bereits erstattet. Mit einem Urteil wird noch für heute gerechnet.
Im Zuge der Liechtensteiner Affäre wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft insgesamt gegen rund 350 Personen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Laut "WAZ" prüft die Staatsanwaltschaft, ob gegen weitere 420 Verdächtige ermittelt wird. Bislang fanden etwa 200 Razzien bei Verdächtigen statt. Oberstaatsanwalt Güroff wurde mit den Worten zitiert: "Wir durchsuchen gerade wieder ein bisschen."
UBS schränkt Privatkundengeschäft mit US-Bürgern ein
Auch in der Schweiz und in den USA zeigt die Affäre Auswirkungen: Die Schweizer Großbank UBS hat nach massiver Kritik von US-Politikern ihr grenzübergreifendes Privatkundengeschäft mit US-Bürgern gestoppt. In einer dramatischen Anhörung im US-Kongress entschuldigte sich Finanzchef Mark Branson von UBS Global Wealth Management and Business Banking für das Fehlverhalten von Mitarbeitern, die Kunden in den USA bei dem Hinterziehen von Steuern geholfen haben sollen.
UBS arbeite eng mit der Regierung in Washington zusammen, um jene verdächtige US-Bürger zu identifizieren, die mit Hilfe von UBS Steuern hinterzogen haben könnten. Wie viele deutsche Bundesbürger schleusen auch Tausende US-Bürger ihr Vermögen in die Schweiz oder das benachbarte Liechtenstein, um dort das Geld vor dem Fiskus in ihrer Heimat zu verstecken. Nach Angaben von Abgeordneten entgehen dem US-Haushalt damit jedes Jahr 100 Milliarden Dollar.
ssu/AP/ddp/Reuters