Haushaltspolitik Lindner ruft seine europäischen Kollegen zur Sparsamkeit auf
Finanzminister Christian Lindner (FDP) profiliert sich auf europäischer Bühne immer mehr als fiskalpolitischer Hardliner. Bei der jüngsten informellen Sitzung der Finanzminister aus EU und Eurozone Mitte September in Prag ging er zahlreiche seiner Kollegen frontal an. Er warf ihnen vor, dass die guten Zeiten der vergangenen Jahre nicht überall genutzt worden seien, um die Schulden zurückzuführen, vermerkt ein Protokoll der Sitzung. Tatsächlich stieg in Ländern wie Frankreich und Italien vor Ausbruch der Pandemie trotz guter Konjunktur die Staatsverschuldung. Lindner mahnte angesichts der Herausforderungen durch Corona und Ukrainekrieg zur Sparsamkeit. Mit Blick auf die begrenzten Möglichkeiten des Staates gelte es, »trotz hoher Erwartungen und gesellschaftlichen Drucks einen permanenten Anstieg der fiskalischen Ausgaben zu vermeiden«. Vielmehr sei auf gezielte Maßnahmen zum Schutz vor sozialen Härten zu setzen. Mit seinem Appell zur Sparsamkeit knüpft Lindner an die Tradition deutscher Finanzminister an, vor allem Wolfgang Schäuble (CDU), der seine Kollegen stets von den Vorteilen solider Staatsfinanzen überzeugen wollte. Nur Lindners Vorgänger, Kanzler Olaf Scholz (SPD), gab sich konzilianter. In Prag verfing Lindners Botschaft jedoch. »Es herrschte weitgehendes Einvernehmen, dass eine breite fiskalische Unterstützung nicht angezeigt sei«, vermerkt das Protokoll. Hilfen sollten »grundsätzlich temporär und zielgerichtet sein«. Diesen Kriterien werden die drei deutschen Rettungspakete selbst indes nur eingeschränkt gerecht: Sie unterstützen unspezifisch breite Teile der Gesellschaft.