

Zuckerbergs Stiftung Deutschlands ehrlose Erben

Erbschaftsteuer: Die Allgemeinheit geht fast leer aus
Foto: Jens Büttner/ picture alliance / dpaBei Familie Zuckerberg im kalifornischen Menlo Park war diese Woche schon Bescherung. Mark Zuckerberg, Chef von Facebook, nahm die Geburt seines ersten Kindes zum Anlass, fast sein ganzes Vermögen zu verschenken. Und zwar an die Allgemeinheit: 99 Prozent seiner Firmenanteile, Börsenwert derzeit etwa 45 Milliarden Dollar, sollen in den nächsten Jahren für wohltätige Zwecke ausgegeben werden. Lediglich ein Prozent behält Zuckerberg für seine Familie und Töchterchen Max zurück. Für ein Leben ohne finanzielle Sorgen dürfte das noch immer reichen.
Bei den deutschen Unternehmerfamilien ist derzeit sogar jeden Tag Bescherung. Niemals zuvor haben so viele Seniorchefs ihr Firmenvermögen zu Lebzeiten verschenkt. Aber leider nicht an die Allgemeinheit, sondern an die eigene Sippschaft. Fast 99 Prozent der Besitztümer gingen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zuletzt in die Hände der Nachkommen über.
Steuerfrei. Nur etwas mehr als ein Prozent kam via Finanzamt der Allgemeinheit zu Gute.
Nun gibt es zum Glück auch in Deutschland Firmenchefs, die ein großes Herz haben und viel Geld für gute Zwecke spenden. Doch das große Wort führen hierzulande die Raffkes, und man muss Mark Zuckerberg dankbar dafür sein, dass er rechtzeitig zur Debatte über eine Veränderung der Erbschaftsteuer einen Kontrapunkt setzt. Seit Monaten machen Familienunternehmer Stimmung gegen die von Finanzminister Wolfgang Schäuble geplante Minireform. Von "Kahlschlag" ist die Rede, von "Vernichtung des Mittelstandes". Die Regierung, so der Verband der Familienunternehmer, lege seine Axt an die Wurzeln des deutschen Wohlstandes.
Raucher tragen zur Staatsfinanzierung mehr bei als Erben
Dabei erfüllt Schäuble mit seiner Reform nur die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Die höchsten deutschen Richter sind der Ansicht, dass die Steuerprivilegien vieler Firmenerben einen Verstoß gegen das Grundgesetz darstellen. Praktisch alle Experten, vom Wissenschaftlichen Beirat im Finanzministerium über die Wirtschaftsweisen bis zum Bundesverband der Steuerberater, glauben, dass Firmenerben nicht länger gestattet werden dürfe, sich vor der Steuer zu drücken.
Leider sind einige Politiker auf die Horrorshow der Familienunternehmer bereits reingefallen. Die Bundestagsfraktion von CDU und CSU hat Schäuble dazu gebracht, sein erstes Konzept abzuschwächen. Im Bundesrat wollen die Landesregierungen von Bayern und Baden-Württemberg demnächst versuchen, weitere Erleichterungen für die Unternehmer herauszuholen.
Die Regierung sollte die Jammerei einfach ignorieren. Das Beispiel von Mark Zuckerberg gäbe sogar Anlass, über eine weitreichendere Reform nachzudenken. Denn während der Staat alle Arbeitenden von Jahr zu Jahr höher belastet, hält er sich bei den Erben zurück. Sie tragen zur Staatsfinanzierung weit weniger bei als etwa Deutschlands Raucher.
Länder wie Großbritannien und die USA dagegen haben bei der Erbschaftsteuer weniger den Schutz der Sippe im Blick, sondern die Chancengleichheit in der Gesellschaft. Wer erbt, muss einen Teil seines Reichtums abgeben, so lautete das traditionelle liberale Credo; das zeigt sich auch in der Spendenbereitschaft von Superreichen, von Carnegie bis Gates.
Es stimmt, dass Zuckerberg ein noch schöneres Vorbild wäre, wenn sein Facebook-Konzern etwas weniger trickreich bei der Vermeidung von Unternehmensteuern wäre. Aber ein Firmenchef, der 99 Prozent seines Reichtums für die Allgemeinheit stiftet, ist ehrenvoller als einer, der 99 Prozent steuerfrei an Leute vermacht, deren wesentliche Qualifikation es ist, im richtigen Bett geboren zu sein.
Im Video: Facebook-Chef Zuckerberg - Das 45-Milliarden-Dollar-Versprechen