Medienkrise "SZ"-Redakteure bangen um ihren Job

Herbe Einschnitte bei der "Süddeutschen Zeitung": Die Verlagsleitung hat einen "deutlichen Stellenabbau" angekündigt. Mitarbeiter fürchten jetzt einen ähnlichen Job-Kahlschlag wie nach dem Platzen der Dotcom-Blase. Damals mussten fast hundert Redakteure gehen.

Hamburg - Vor wenigen Tagen lag bei der "Süddeutschen Zeitung" bei jedem Redakteur auf dem Schreibtisch eine blaue Miniatur-Schultüte, gefüllt mit Schokolade. Gönner war die Südwestdeutsche Medien Holding (SWMH), mittlerweile Mehrheitseignerin des Süddeutschen Verlags.

Gedacht war die Aktion offenbar als Dankeschön für den endlich geglückten Umzug der Redaktion aus der Münchner Innenstadt nach Steinhausen, in ein Hochhaus an der östlichen Peripherie Münchens. Und als Grundstein für eine gute Zusammenarbeit.

Am Donnerstag dann, nur wenige Tage nach der Schultüten-Gabe, war die Zeit der Geschenke schon wieder vorbei. Wie SPIEGEL ONLINE aus Redaktionskreisen bestätigt wurde, kündigte Karl Ulrich, Geschäftsführer des Süddeutschen Verlags (SV), größere Sparmaßnahmen wegen starker Anzeigenrückgänge an. Betriebsbedingte Kündigungen sollten wenn möglich vermieden werden, seien aber nicht ausgeschlossen. Die Maßnahmen seien beschlossene Sache. Ein Zeitraum, in dem sie umgesetzt werden sollen, wurde nicht genannt.

Die Chefredaktion hatte die Verlagsleitung in die Redaktionskonferenz eingeladen, damit sie zu ihren Plänen Stellung nimmt und diese begründet. Die Chefredaktion selbst versprach, sie werde alles tun, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden.

Doch angesichts der aktuellen Umwälzungen könnte das nicht mehr als eine lobenswerte Absichtserklärung bleiben. Die internationale Finanzkrise könnte sich zur Medienkrise ausweiten. Pessimisten befürchten ein ähnliches Szenario wie im Jahre 2002 nach dem Platzen der Dotcom-Blase. Sie befürchten, dass den Verlagshäusern durch die Einbrüche an den Aktienmärkten und die sich daran anschließenden Konjunktureinbrüche Verluste ins Haus stehen könnten.

Wenn Unternehmen sparen müssen, streichen manche Firmenchefs zunächst die Werbeetats zusammen. In der Folge werden weniger Anzeigen geschaltet - ein schlechtes Geschäft für beide Seiten: Die Firmen verlieren den Kontakt zum Kunden, die Verlage ihre Haupteinnahmequelle.

In der Medienkrise 2002 erklärte die "SZ"-Chefredaktion ebenfalls ihre Absicht, möglichst wenig Redakteure zu entlassen. Am Ende mussten fast hundert Journalisten gehen, rund die Hälfte davon betriebsbedingt. Einige davon hat der Verlag nach der Krise wieder eingestellt.

In der Redaktion der "SZ" fürchtet man dieses Mal ähnlich herbe Einschnitte wie in der letzten Krise. Nach Informationen des Mediendienstes "Kress" will der Süddeutsche Verlag im kommenden Jahr 15 Millionen Euro sparen, jeweils fünf in Redaktion, Verlag sowie Herstellung und Vertrieb.

Bereits am Dienstag hat Geschäftsführer Ulrich zudem leitende Mitarbeiter per E-Mail über den Verzicht auf eine Sonntagszeitung informiert. Den Verlagsoberen sei das Risiko für ein solches Millionen-Euro-Projekt angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation zu hoch, hieß es zur Begründung.

Rolf-Dieter Schulz, Gesamtleiter Personal beim Süddeutschen Verlag, wollte sich auf SPIEGEL-ONLINE-Anfrage zu diesen Informationen nicht äußern.

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