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»Situation, wie wir sie 40 Jahre lang nicht gesehen haben« Milchpreise könnten im Mai um bis zu 25 Prozent steigen

Deutlich höhere Kosten für Energie und Futter infolge des Ukrainekriegs werden Nahrungsmittel auf längere Sicht drastisch verteuern. Vor allem bei Milchprodukten droht ein drastischer Preissprung.
aus DER SPIEGEL 18/2022
Landwirt beim Melken: »An allen Ecken und Enden sparen«

Landwirt beim Melken: »An allen Ecken und Enden sparen«

Foto: Philipp Schmidt / DER SPIEGEL

Im Lebensmitteleinzelhandel bahnen sich weitere starke Preiserhöhungen an. Von Anfang Mai an, vermutlich schon in der kommenden Woche, erwarte er Preissprünge von 20 bis 25 Prozent bei Milchprodukten , sagte der Chef einer großen Molkerei dem SPIEGEL. »Und das ist erst der Anfang, weitere Preisrunden werden folgen.«

Auch aus der Lebensmittelindustrie kommen derlei Signale. Die bisherigen Preiserhöhungen bildeten viele Folgen des Ukrainekrieges, etwa gestiegene Kosten für Energie und Futter, noch nicht komplett ab, heißt es beim Nahrungsmittelmulti Nestlé. Die jüngsten Steigerungen seien schon vor Monaten verhandelt worden, aktuelle Preise ermittele man erst in diesen Tagen.

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»Angst des Einzelhandels vor fehlender Verfügbarkeit«

Besonders deutlich zeigen sich die Sprünge bei Milchprodukten. Erst vor wenigen Wochen hatte der Discounter Aldi die Preise für viele Artikel teils deutlich nach oben geschoben. Andere Handelsketten folgten. Nun dürfte eine weitere Erhöhung anstehen. Momentan erhalten konventionell wirtschaftende Milchbauern mehr als 44 Cent pro Liter – so viel habe er »noch nie bekommen«, sagt Ottmar Ilchmann von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Hätten solche Preise früher dazu geführt, dass die Bauern mit optimierter Fütterung alles aus ihren Kühen rausholten, müssten viele Landwirte nun trotz der hohen Preise »an allen Ecken und Enden sparen«, was die Milchmenge weiter schrumpfen lasse: Nicht nur Dünger und Diesel seien deutlich teurer geworden, sondern auch das Kraftfutter. Weitere Preissprünge, so Ilchmann, hätten auch mit der »Angst des Einzelhandels vor fehlender Verfügbarkeit« zu tun. Das Angebot sei knapp, die Nachfrage hoch.

»Wir erleben eine Situation, wie wir sie 40 Jahre lang nicht gesehen haben«, sagt ein Handelsmanager. Er pro­gnostiziert »radikale Verschiebungen im Markt« mit mehr Macht für Produzenten – forciert noch dadurch, dass die Lieferketten nach Asien wegen Corona nicht mehr reibungslos funktionierten. Alle Händler müssten die höheren Endpreise mitgehen, um leere Regale zu vermeiden. »Wenn wir nicht erhöhen würden, müssten wir unter Einstandspreis verkaufen.« Das ist in Deutschland verboten.

nkl/sbo
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