Milliarden-Staatshilfe Obama drängt GM und Chrysler zu Radikal-Reform
Washington - Rückendeckung von Barack Obama: Der künftige US-Präsident unterstützt das Rettungspaket, das sein noch amtierender Vorgänger für die kriselnden US-Autobauer geschnürt hat. Bush gewährt den Konzernen Notkredite von insgesamt 17,4 Milliarden Dollar. Die Gelder sollen zum Teil aus dem 700-Milliarden-Dollar-Rettungspaket für die Finanzbranche genommen werden.

Mitarbeiter bei GM in Kentucky: Obama warnt vor "grässlichen Konsequenzen"
Foto: APObama nannte den Notkredit nun einen "notwendigen Schritt", um den Kollaps einer gesamten Industrie abzuwenden. Ein solcher hätte "grässliche Konsequenzen für die gesamte US-Wirtschaft und den Arbeitsmarkt", sagte das designierte Staatsoberhaupt in einer Mitteilung. Ähnlich hatte zuvor auch Bush argumentiert.
Obama rief die Autofirmen dazu auf, "diese Chance zur Reform schlechter Management-Praktiken" nicht zu verspielen. Jetzt gelte es, die langfristige Neustrukturierung einzuleiten. Eine Radikalreform sei die absolut erforderlich , "um diese wichtige Industrie und die Millionen von Arbeitsplätzen zu retten, die von ihr abhängen".
GM-Chef Rick Wagoner begrüßte das Notprogramm und kündigte verstärkte Sanierungsmaßnahmen an. "Wir wissen, dass wir eine Menge Arbeit vor uns haben." Ziel von GM sei es, "GM neu zu erfinden".
Das Hilfspaket ist nach Angaben der US-Regierung weit gediehen. Auch welcher Autokonzern wie viel bekommt sei geklärt. Insgesamt 13,4 Milliarden Dollar sollen demnach an General Motors (GM) gehen, 9,4 Milliarden noch in diesem Jahr. Die restlichen vier Milliarden beansprucht Chrysler. Ford benötigt nach eigenen Angaben keine Hilfe. Der Verzicht hat gute Gründe. Das Auto-Rettungspaket ist an strenge Bedingungen geknüpft (siehe Infobox).
GM und Chrysler befinden sich durch die Strukturkrise in der Autoindustrie am Rande der Insolvenz. Jahrelang setzten die Hersteller stur auf Spritfresser und Monstertrucks. Gegen Gesetze für umweltfreundlichere Fahrzeuge, die weniger Treibstoff verbrauchen, wehrte man sich.
Durch die Klimadebatte und die internationale Finanzkrise bricht der Absatz ein. Die großen drei US-Autobauer, die "Big Three", werden ihre Autos nicht mehr los. Weniger als 13 Millionen Fahrzeuge dürften in diesem Jahr in den USA verkauft werden; 2007 waren es noch mehr als 16 Millionen.
Für GM und Chrysler ist die Krise inzwischen lebensbedrohlich: Beide Unternehmen hatten erklärt, ohne Finanzspritzen noch in diesem Jahr wären sie in wenigen Wochen zahlungsunfähig.
Trotz dieser drastischen Ansage waren Sofortdarlehen der US-Regierung in Höhe von 14 Milliarden Euro am Widerstand der Republikaner im Senat gescheitert. Zu skeptisch waren viele Politiker, dass ein Hilfspaket eine dauerhafte Gesundung der Konzerne bringen wird. Es war bereits das zweite Mal, dass die Auto-Bosse mit ihrer Bitte abgeblitzt waren.
Nach dem Scheitern drängte Präsident George W. Bush darauf, das milliardenschwere Rettungspaket noch vor Weihnachten zu schnüren. Allerdings machte das Weiße Haus deutlich, dass es auch die Möglichkeit von Insolvenzverfahren mit Gläubigerschutz prüft: "Dies wäre eine der Optionen", sagte Dana Perino, die Sprecherin des Weißen Hauses. Auf keinen Fall wollte Präsident George W. Bush einen "ungeordneten Zusammenbruch" in der Autoindustrie zulassen.
Nur kurzzeitige Gewinne an der Wall Street
Nachrichten über Bushs Finanzspritze haben die Wall Street am Freitag in Kauflaune versetzt. Für den Leitindex Dow Jones ging es in der ersten Handelsstunde um knapp zwei Prozent nach oben. Auch der marktbreite S&P-500-Index und der Nasdaq gewannen rund zwei Prozent an Wert. Aktien von General Motors schossen knapp 15 Prozent in die Höhe, die von Ford knapp neun Prozent. Chrysler ist nicht börsennotiert. Auch der Dax drehte nach Bekanntgabe der Auto-Hilfen kurzzeitig ins Plus.
Doch schon nach wenigen Stunden gaben die Indexe ihre Gewinne wieder ab. Der Dow Jones drehte zeitweilig sogar wieder ins Minus, der das schloss bis minus 1,3 Prozent.
Händler begründeten die uneinheitliche Kursentwicklung mit Sorgen über eine nachhaltige Wirkung der Hilfskredite. In der ähnlich unter Druck stehenden Finanzbranche hätten schließlich milliardenschwere Regierungshilfen bisher keine nachhaltige Erholung gebracht, sagten Finanzexperten. US-Experten zeigten sich zudem schon jetzt in Hinsicht auf das Auto-Rettungspaket misstrauisch. Es sei unklar, ob eine rasche Sanierung der Konzerne angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise überhaupt möglich sei, hieß es.
Opel verhandelt weiter über Bürgschaft
Opel will auch nach der Milliardenhilfe für GM weiter mit der Bundesregierung über eine Bürgschaft verhandeln. Man gehe davon aus, dass die Gespräche Anfang des kommenden Jahres erfolgreich abgeschlossen würden, teilte General Motors Europe mit.
Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums in Berlin erklärte dazu lediglich, die Gespräche mit Vertretern der vier Standortländer Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen würden unter Berücksichtigung der Entwicklung in den Vereinigten Staaten fortgesetzt.
Der Betriebsratsvorsitzende des Opel-Werkes in Bochum, Rainer Einenkel, begrüßte die Hilfszusagen der US-Regierung. "Das verschafft General Motors erst einmal ein bisschen Luft", sagte er. Der US-Mutterkonzern bekomme damit wieder etwas Stabilität und dies helfe auch der deutschen Tochter Opel.