Mindestlohn-Streit Brieffirma Pin sponserte Gewerkschaft mit 130.000 Euro
Hamburg - Der Fall erinnert an den Schmiergeldskandal bei Siemens: Die erst im Herbst vergangenen Jahres gegründete Gewerkschaft der Neuen Brief- und Zustelldienste (GNBZ) ist offenbar zu einem großen Teil von dem inzwischen insolventen Post-Konkurrenten Pin finanziert worden. Nach SPIEGEL-Informationen hat Pin die Arbeitnehmerorganisation mit mindestens 130.000 Euro gesponsert.
Eine ähnliche Affäre war vor rund einem Jahr bei Siemens aufgeflogen. Damals wurde bekannt, dass der Konzern die Arbeitnehmerorganisation AUB massiv finanziell unterstützt hat - offenbar um eine Anti-Gewerkschaft zur IG Metall zu installieren.
Im Falle Pin soll der private Postdienstleister neben 30.000 Euro Kapitalausstattung auch den Ankauf eines Computers finanziert und das Gehalt des GNBZ-Chefs Arno Doll mit monatlich 21.500 Euro subventioniert haben. Von der Gewerkschaft selbst dagegen erhielt Doll, einst hochrangiger Lebensmittelmanager bei Tengelmann, nur ein Salär von 3500 Euro im Monat.
Gezahlt wurden die Pin-Mittel über eine Kölner Anwalts- und Steuerberatungskanzlei. Diese soll vom damaligen Pin-Chef Günter Thiel den Auftrag erhalten haben, die GNBZ bei ihrer Gründung zu unterstützen. Die Kanzlei wiederum stellte der Pin Group am 5. Dezember vergangenen Jahres alle bisherigen Auslagen und die als "Fremdarbeiten" titulierten Zahlungen für die Monate Oktober 2007 bis Januar 2008 in Rechnung - unter dem Betreff "wg. Gewerkschaft". Summe insgesamt: 133.526,69 Euro.
GNBZ-Chef Doll, der sich ebenso wie Thiel auf eine Anfrage des SPIEGEL nicht äußerte, hatte stets betont, dass sich seine Organisation ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert: "Keinen Cent haben wir von Arbeitgebern genommen."
Hintergrund des Gewerkschaftssponsorings ist offenbar der Streit um den Post-Mindestlohn. Der Marktführer, die Deutsche Post, hat einen solchen stets gefordert, ebenso wie die Gewerkschaft Ver.di. Konkurrenten wie Pin fühlen sich dadurch benachteiligt. Eine Anti-Ver.di-Gewerkschaft ist für Pin in dieser Auseinandersetzung äußerst hilfreich: Die GNBZ hat sich stets gegen den vereinbarten Branchenmindestlohn ausgesprochen.